Simpel:
Nehmen wir einfach mal die 3 von mir genannten Kategorien.
1) Klasse
2) Aura
3) Leute mitziehen (sie zum mitfiebern bringen)
Fangen wir mal mit Nadal an: Bei ihm ist es im Vergleich zu Becker dumm, dass es schon viele spanische Tennisgrößen vor ihm gab, auch mehrfache Grand Slam Sieger. Klar ist er der Einzige, der alle 4 mal gepackt hat, aber vor Becker gab es keinen deutschen Herren der in der Open Ära GS Titel im Einzel holen konnte, die Zeit von Von Cramm und Henkel lag zu lange zurück während in Spanien alle 10-20 Jahre GS Sieger kamen.
Alberto Contador z. B. gewann 3* Vuelta und je 2* Giro und Tour, Miguel Indurain hingegen "nur" 5* die Tour und 2* den Giro, nie die Vuelta, sprich alles in allem haben beide insgesamt 7 Grand Tours gewonnen aber Contador hat die bessere Verteilung.
Er konnte trotzdem keinen neuen Boom auslösen da es Indurain vor ihm gab, und vor diesem schon Bahamontes.
Weiter mit Federer:
Man mag von Roger ja halten was man will. Er ist von der Klasse ein besserer Tennisspieler als Becker, aber eher so eine art männliche Steffi Graf was Leute mitreißen angeht. Würde er öfter Hechtsprünge machen, mit Leuten am Rand abklatschten, Schreien, Weinen, Schläger zertrümmern etc. wäre das anders, aber das ist mMn das was ihm fehlt um das gesamte Paket von Becker zu haben.
Er ist einfach ein Picasso oder Mozart der seine Kunst ausübt, aber seine Fähgikeit Leute mitzureißen hält sich in Grenzen. Das können Nadal und Djokvic deutlich besser.
Und wie gesagt bei Nadal liegt es primär daran dass Tennis vor ihm in Spanien schon sehr groß war, und Federer reisst nicht genug mit um einen Boom in der Schweiz auszulösen, dazu fehlt ihm die - wie soll ich s nennen - "Nähe" zu den Normalo-Zuschauern, sprich welche die sich wenig für Tennis interessieren.
Becker schaffte es sogar Nicht-Fans zum mitfiebern zu bewegen, was Federer so nie konnte. Schau doch mal in Foren und Kommentaren selbst in Schweizer Zeitungen etc., viele Schweizer finden den Roger einfach zu langweilig.
@Noxx meinte dazu mal die "Champagner Fans", und genau das trifft es irgendwie. Der Maestro/King/Gentleman/ehrenwerteHerr Roger "Wolfang" Federer ist der optimale Vorzeigesportler für typische, "akademische" Hobby-Tennisspieler die Anwälte und Ärtze als Eltern haben, nicht aber für den Normalo der mehr Stimmung macht. Und Becker traf genau diese Normalos, vlt mehr als alle anderen aus D-Land die je Tennis spielten (Stich, Jelen, Karbacher, Zverev etc.), vlt mit Abstrichen "Kappenmann" Mark-Kevin Goellner oder der Raucher Karsten Braasch, denen aber beide leider die spielerische Klasse fehlte.
Eine Sache ist jedoch nicht von der Hand zu weisen:
Bloß weil Becker Wimbledon gewann wurde dieses Turnier von RTL und deutschen Medien größer aufgeblasen als es tatsächlich je war.
Ja es ist das älteste GS Turnier und genießt eine besondere Aura bzw. besonderen Prestige, aber egal welches GS man gewinnt, keines zählt vom sporlichen Können mehr oder weniger.
Laut RTL war ja ein Wimbledon-Champ glasklar der beste Tennisspieler der Welt und French Open Champs "nur" talentlose Bolzer und Skills.
So konnte man das gut verkaufen.
Aber gut, RTL verkaufte Maske auch 10 mal besser als er wirklich war. Er war Weltniveau und ein würdiger WM nach IBF im Halbschwergewicht, aber er war zu keinem Zeitpunkt in seiner Gewichtsklasse der Beste wie RTL es suggerierte.
Mit Maske und einigen anderen Punkten hast du recht, bei anderen würde ich aber wiedersprechen.
Ein Punkt ist das Prestige von Wimbledon. Wimbledon zählte hier immer mehr als die FO und das war in Europa weit verbreitet. Spanier und Franzosen sehen das natürlich anders, aber in Deutschland bezeichnete man Wimbledon meist als inoffizielle Weltmeisterschaft. Einfach das größte und Prestigeträchtigste Turnier. Von Wimbledon war auch schon vor Becker mehr im TV zu sehen als von den FO.
In den USA waren die USO am wichtigsten und danach Wimbledon, vor den FO. Die AO waren von Prestige gerade in den USA hinter einigen US Turnieren. Auch deshalb ist es ja unsinnig die Größten anhand der GS bestimmten zu wollen. Das man die vier Turniere als komplett gleichwertig ansieht kam doch erst später.
http://m.spiegel.de/spiegel/print/d-39686048.htmlDa drohte 1975 die US-Wimbledon-Siegerin Billie Jean King mit Boykott, falls Wimbledon -- eine Art Weltmeisterschaft ...
Solche Aussagen findet man in vielen alten Artikeln. Also auch hier versucht man im nachhinein Sachen mit Becker zu verknüpfen, die keinen oder nur unwesentlich mit Becker in Zusammenhang stehen. Wimbledon das wichtigste Turnier im Einzel und der Davis Cup als Weltmeisterschaft für Mannschaften hatten lange vor Becker eine besondere Stellung.
Wenn Nadal das Problem hat, das es schon andere erfolgreiche Spieler aus Spanien gab, warum sollte Becker heute nicht auch dieses Problem haben.
Wie gesagt manche mögen einen gewissen Stil und manche einen anderen. Bei Becker sprichst du jetzt vom Hecht und hätte Federer in den 80ern gespielt hätte man von der Eleganz und der Schönheit der Bewegung gesprochen. Aus meiner Sicht liegt es am allgemeinen Trend. Alles andere wird imo überbewertet. Federer konnte den Abwärtstrend in der Schweiz stoppen, während es in den Nachbarländern Berg ab ging. Das Turnier in Basel wäre ohne ihn heute wohl kein 500er aber mehr ist nicht drin. Mehr hätte ein Becker imo auch nicht erreichen können, wenn er 10 oder 15 Jahre später geboren wäre.