Hier ein Interview mit Fabian Ernst "die Welt"
"Ailton hätte bestimmt einiges bewegt"
Fabian Ernst über seine Ziele mit Schalke 04, das Wiedersehen mit Bremen und die Bürde des Kapitänsamtes
Die Welt: Herr Ernst, im Halbfinale des Ligapokals haben Sie heute mit dem FC Schalke 04 gegen Ihren alten Klub Werder Bremen Heimrecht. Ein besonderes Spiel für Sie?
Fabian Ernst (26): Absolut. Es ist wirklich komisch, daß ich mein erstes Pflichtspiel im blauen Trikot gleich gegen meine Ex-Jungs mache. Ich muß bestimmt schon vor den Anpfiff viele Hände schütteln.
Die Welt: Die Hand von Werder-Regisseur Johan Micoud wohl nicht. Sie galten in Bremen als Erzfeinde und sind sogar zu Beginn des Jahres körperlich aneinander geraten.
Ernst: Ach, wissen Sie: Ich will da gar nichts mehr zu sagen. Wir haben uns nach dem Vorfall damals kurz ausgesprochen und Punkt. Natürlich wird es heute bestimmt ein interessantes Duell im Mittelfeld zwischen uns geben.
Die Welt: Wie stark schätzen Sie Werder Bremen in dieser Saison ein?
Ernst: Bremen gehört auf jeden Fall zu den vier oder fünf Teams, die ganz oben mitspielen können. Sie haben sich mit Torsten Frings und Patrick Owomoyela auch sehr gut verstärkt. Aber wenn ich ehrlich bin, ist es mir egal, ob Werder Meister werden kann. Ich schaue nur auf Schalke.
Die Welt: Mit welchen Zielen gehen Sie in die Saison?
Ernst: Wir wollen ganz nach oben. Man hat auf Schalke nicht so viele gute Spieler verpflichtet, nur um Fünfter zu werden. Es wäre toll, in diesem Jahr einen Titel zu gewinnen, ganz klar. Und für mich persönlich möchte ich die Leistung als Führungsperson bestätigen, die ich bei Werder in den vergangenen Jahren gezeigt habe. Das gilt auch für die Nationalelf. Ich fühle mich dort mittlerweile als Teil des Teams und freue mich auf die WM.
Die Welt: Bayern München scheint wieder der Favorit auf den Gewinn des Meistertitels zu sein, Ihr Klub gilt als Verfolger. Was trennt Schalke und die Bayern noch?
Ernst: Das kann man jetzt noch überhaupt nicht sagen, denn auch der Ligapokal gibt noch keinen Aufschluß. Wir müssen erst mal gut in die Saison starten und dann sehen wir, was München macht. Ich hoffe, daß die Saison nicht so einseitig wie die vergangene verläuft und wir bis zum Ende oben dranbleiben. Dann ist alles möglich.
Die Welt: Zu Ihren Führungsansprüchen paßt, daß Sie bereits als Neuling einer der Kandidaten für das Kapitänsamt sein sollen. Führen Sie die Schalker heute auf das Spielfeld?
Ernst: Ich bin nicht der Kapitän des FC Schalke 04 und weiß auch nicht, ob das so gut wäre.
Die Welt: Warum glauben Sie das denn?
Ernst: Weil ich denke, daß es Spieler bei uns gibt, die alles hier im Klub besser kennen. Ein Kapitän ist ja nicht nur intern mit der Mannschaft beschäftigt, sondern muß auch im Verein sowie für die Öffentlichkeit arbeiten. Und da kenne ich mich hier auf Schalke noch viel zu wenig aus. Deshalb ist es bestimmt nicht optimal, wenn ein Neuer gleich Spielführer wird. Klar gesagt: Es gibt bei uns bessere Alternativen als mich. Die Welt: Wie beschreiben Sie denn Ihren derzeitigen Status? Ernst: Natürlich bin ich als Führungsspieler geholt worden. Diese Rolle hatte ich in Bremen, und ich will sie hier in Gelsenkirchen weiterführen, keine Frage. Auch international habe ich gerade durch die Spiele in der Champions League mit Werder im vergangenen Jahr viel Erfahrung gesammelt, die ich einbringen werde. Ich weiß, was ich hier zeigen soll.
Die Welt: Wie groß ist für Sie der Druck?
Ernst: Der ist immer groß, egal, wo man spielt. Das war in Bremen auch schon so. Obwohl auf Schalke natürlich insgesamt alles größer ist. Beim Tag der Fans waren beispielsweise viel mehr Menschen als in Bremen. Und die stehen alle total hinter dem Klub, das ist Wahnsinn. Wir Spieler haben deshalb eine unglaubliche Verpflichtung. Schon heute wird das Stadion wahrscheinlich ausverkauft sein, und das spornt mich enorm an.
Die Welt: Sind Sie eigentlich traurig, daß Ailton, mit dem Sie bei Werder Bremen Meister und Pokalsieger geworden sind, den FC Schalke 04 verläßt?
Ernst: Ja, das bin ich. Er war nicht nur extrem torgefährlich, sondern auch außerhalb des Platzes ein toller Typ und immer für Lacher gut. Ich finde es schade, daß er nicht mehr auf Schalke ist, er hätte hier bestimmt einiges bewegt