Ein Interview mit unserem (fast) Präsidenten:
"Man kann nicht nur streicheln"
Auch als künftiger Präsident will sich Schalkes Manager Rudi Assauer den Mund nicht verbieten lassen
Nach 13 Jahren gibt Rudi Assauer, 61, das Amt des Managers beim FC Schalke 04 auf. In diese Zeit fielen der Uefa-Cup-Sieg 1997, die Pokalerfolge 2001 und 2002 sowie der Umzug aus dem Parkstadion in die neue Arena "Auf Schalke". Ab dem 1. August 2006 trägt Assauer dann den Titel des Präsidenten. Sein Gehalt ändert sich nicht, sein Einfluß schon: Er wird weniger zu sagen haben. Das sieht er selbst allerdings ganz anders.
Welt am Sonntag: Herr Assauer, freuen Sie sich, daß Ailton zurück in der Bundesliga ist?
Rudi Assauer: Ein bißchen schon. Man kann sich wieder amüsieren, solche Spieler braucht die Liga.
Ist er auch sportlich bereichernd?
Assauer: Uns hat Ailton vergangenes Jahr zum Vizemeister und ins Pokalendspiel geschossen. Ohne ihn hätten wir das nicht geschafft.
Sorgen Sie sich also, da er jetzt für einen Konkurrenten um die Champions-League-Plätze aufläuft?
Assauer: Nein. Ich weiß ja, wie Toni ist. Die Hamburger werden mit ihm ihre Schwierigkeiten bekommen.
Sie sprechen aus Erfahrung.
Assauer: Zu mir mußte er einmal täglich ins Büro kommen. Dann habe ich ihm fünf Minuten das Wort zum Sonntag gesprochen. Er kann nicht sagen, wenn um zehn Uhr Training angesetzt ist: Ich habe kein Bock, ich komme erst um halb elf. Er ist ja manchmal wie ferngesteuert.
Weil Trainer Ralf Rangnick mit Ailton nicht klarkam, hat Schalke ihn vor der Saison verkauft.
Assauer: Toni ist kein schlechter Mensch, aber es ist schwierig, ihn zu verstehen. Er ist ein großes Kind. Der sagt dir: Morgen ist Montag, und wenn er fünf Minuten später mit dir spricht, sagt er: Morgen ist Dienstag.
Obwohl Ailton weg war, kam Schalke nicht zur Ruhe. Ihre Vorstandskollegen haben die Außendarstellung des Vereins in der Hinrunde gerügt. Sind sie da selbstkritisch?
Assauer: Wir hätten uns sicherlich anders darstellen sollen.
Sie haben mit der harschen Kritik nach dem ersten Champions-League-Spiel in Eindhoven die Trainerdiskussion entflammt.
Assauer: Dort hätten wir die Basis fürs Weiterkommen legen können. Die Art und Weise, wie diese Partie verlorenging, hat mich maßlos geärgert. In diesem Spiel haben wir einige Millionen Euro in den Sand gesetzt. Das tat richtig weh.
Dem Trainer haben Sie mit Ihrem Wutausbruch das Leben schwer gemacht. Assauer: Nein. In erster Linie war es Kritik an der Mannschaft, die die Arbeit eines ganzen Jahres in leichtfertiger Weise zunichte gemacht hat. Daß man nach so einer Leistung auch mit dem Trainer reden muß, ist doch normal.
Diese Ankündigung hat aber ausgereicht, daß die Boulevardpresse den Trainer in Frage gestellt hat.
Assauer: Für die Medien bin ich nicht zuständig.
Aber Sie kennen das Geschäft.
Assauer: Es muß doch möglich sein zu sagen, daß die Leistung schlecht war. Im übrigen gab es innerhalb des Vereins keine Trainerdiskussion. Ralf hat ja gute Arbeit gemacht.
Sie bedauern, daß er nicht mehr Schalkes Trainer ist?
Assauer: Ja. Das hätte nicht sein müssen.
Warum haben Sie ihm nie öffentlich Rückendeckung gegeben?
Assauer: Er muß doch genug Rückenwind gehabt haben. Es war unser erfolgreichster Trainer der vergangenen Jahre. Der Tabellenplatz war okay. Was seine Vertragsverlängerung angeht, haben wir ganz fair gesagt: Ralf, zu Beginn der Rückserie setzen wir uns an einen Tisch und verhandeln. Er hat sich nicht daran gehalten, indem er seinen Abgang mitgeteilt hat. Warum, weiß ich bis heute nicht.
Er vermißte das Vertrauen des Arbeitgebers.
Assauer: Wir hatten doch eine Vereinbarung. Dann sagt er plötzlich, daß er den Vertrag nicht verlängern will, und macht seine Ehrenrunde.
Er hat damit auf einen Zeitungsbericht reagiert, dem gemäß es im Vorstand keine Mehrheit für seine Vertragsverlängerung gibt.
Assauer: Das stimmt nicht! Wir hätten uns an die Absprache gehalten.
Den Bericht in der "Bild"-Zeitung gab es.
Assauer: Die "Bild"-Zeitung ist nicht der Vorstand von Schalke 04.
Mit dem zuständigen Sportredakteur sind Sie gut befreundet.
Assauer: Auch wenn ich ihn 25 Jahre kenne, er wird trotzdem behandelt wie jeder andere auch. Ich werde doch nicht Vereinsinterna an die Öffentlichkeit bringen, da müßte ich doch bescheuert sein.
Fühlen Sie sich mitschuldig an Rangnicks Entlassung?
Assauer: Mit Sicherheit nicht.
Sie selbst sind deshalb in Frage gestellt worden.
Assauer: Das habe ich nicht so empfunden. Und wer austeilt, muß auch einstecken. Noch kann ich das.
Aus Vorstand und Aufsichtsrat ist zu hören, daß Sie sich künftig zurücknehmen sollten.
Assauer: Solange ich noch sprechen kann, werde ich genau das sagen, was mir auf der Zunge liegt. Das kann mir keiner verbieten. Man kann nicht immer nur streicheln. Man muß die Wahrheit nur vertragen können.
Probleme kann man aber auch intern regeln.
Assauer: Ich nehme mich doch bereits zurück. Das hat nur noch keiner gemerkt. Schon seit geraumer Zeit habe ich mich Stück für Stück aus dem Tagesgeschäft Profifußball zurückgezogen.
Was wird auf Schalke anders, wenn Sie im Sommer Präsident werden?
Assauer: Stand heute: nichts. Ich übernehme zusätzlich die repräsentativen Aufgaben. Ansonsten wird offiziell vollzogen, was sich in den vergangenen Jahren praktisch geändert hat. Andi Müller ist für den Sportlichen Bereich zuständig. Für mich gibt es in dem kleinen Mischkonzern Schalke 04 noch zig andere Felder zu beackern.
Sind Sie überhaupt in der Lage loszulassen?
Assauer: Ich habe vor Jahren damit angefangen, ohne daß mich jemand aufgefordert hat. Es soll schließlich eine Zeit nach Assauer geben, in der Schalke oben ist.
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