Ich muss da inhaltlich
@LoverNo1 zustimmen (Edit: auch wenn mich die "Form" wieder nervt).
Der Ablauf, wie er von außen zu erkennen war:
Die Entscheidung auf dem Feld war "Weiterspielen", der VAR prüft das Tor, wie er jedes Tor prüft, und erkennt die Abseitsstellung von Haaland. Entweder hatte es der VAR selber schon beachtet, oder wurde von Stieler darauf hingewiesen, dass (aus seiner Sicht) der Paderborner noch dran war.
Anders als Baumgart, den ich natürlich sehr gut verstehe, finde ich nicht, dass man klar erkennen könnte, dass der Paderborner den Ball eben nicht berührt. Selbst nach mehrfachem Betrachten der Zeitlupe kann ich es nicht 100% sagen. Es könnte beides zutreffen. Ich bin auch nicht ganz sicher, ob sich die Rotation nicht doch minimal ändert. Da man anhand der Bilder nicht eindeutig belegen kann, dass es sich um eine Fehlentscheidung handelt, bleibt die Entscheidung auf dem Feld bestehen.
Das hier verlinkte Video, das Collinas Erben (CE) auf Twitter geteilt haben, macht dann recht deutlich hörbar, was Stieler wahrgenommen hat.
Und nur für jene, die auf das Review oder ein direktes Eingreifen des VAR pochen.
Der VAR kann bei einer von zwei Voraussetzungen eingreifen (via CE):
1. Clear and obvious error = falsche Wahrnehmung des Referees.
2. Serious missed incident = fehlende Wahrnehmung des Referees
zu 1. Das geben die Bilder in dem Fall nicht her (zumal der Ton fehlt, falls Stieler bereits auf dem Feld in der Kommunikation ansprach den Kontakt gehört zu haben).
zu 2. Stieler hat ja angegeben, den Kontakt wahrgenommen zu haben, bzw. die Szene im Blick gehabt zu haben.
Fazit: Bittere Szene für Paderborn, aber es lief alles regelkonform und auch Stieler hat hier korrekt gehandelt und kommuniziert, egal was man sonst von ihm halten mag. Baumgarts Ärger kann ich verstehen, würde mir aber wünschen, dass sich die Trainer, Spieler und Verantwortlichen endlich mal derart mit dem VAR, seinem Zusammenspiel mit dem Feldschiedsrichter und den Regeln sowie Abläufen beschäftigen würden, dass sie zumindest die Grundlagen mal verstehen. Von den Fans erwarte ich das ja schon nicht mehr, aber die Interviews aller Beteiligten führen noch dazu, dass die Fans noch Futter für ihre eigene Unwissenheit bekommen.
Zur Regel selbst, nochmal CE:
"Wie deutlich der Ball gespielt wird und wohin er dann fliegt (ob die Aktion also wunschgemäß gelingt oder nicht), spielt beim »deliberate play« keine Rolle, es geht nur darum, dass die Aktion bewusst ist. So ist die Abseitsregel seit 2013. Don't shoot the messenger."
Diese Regel passt mir nicht, seit sie so ausgelegt wird. Wir haben gestern ein Extrembeispiel erlebt, aber auch sonst wird oft genug ein Tor erzielt, weil durch ein
"deliberate play" eine vorherige Abseitsstellung des Stürmers aufgehoben wird. Das ist mMn schlicht unfair, weil der Abwehrspieler quasi immer eine Aktion ausführt, weil er davon ausgehen muss, der gegnerische Stürmer könne eingreifen. Für den Abwehrspieler ist es fast immer unmöglich die Abseitsstellung seines Gegners genau wahrzunehmen. Zumal ja seit der Einführung des VAR auch teils deutliche Abseitsstellungen noch ausgespielt werden. Somit ist der Abwehrspieler quasi dazu verdammt, jede Situation so auszuspielen, als wäre der Gegner nicht im Abseits. Dass er durch dieses erzwungene Mitspielen in Gefahr gerät, eine Abseitsstellung des Gegners aufzuheben und damit ein Gegentor erst möglich zu machen, halte ich für hochgradig unfair.
Ich denke, dass es so gehandhabt wird, um Graubereiche zu vermeiden. Wenn nämlich ein Abwehrspieler unbedrängt zurückpasst und einen Stürmer übersieht, der aus dem Abseits kommt, würden wir da kein Abseits entschieden haben wollen.
Da muss man dann aber eher Abstufungen schaffen, als dass es immer wieder zu Szenen kommt, in denen ein Abwehrspieler zu klären versucht, wegen eines Gegners in Abseitsposition, der dennoch an den Ball kommt und wegen der Klärungsaktion plötzlich nicht mehr Abseits steht.
Das war mir seit Beginn dieser Regelauslegung ein Dorn im Auge, weil es mMn das "passive Abseits" ad absurdum führt.
Edit 2: Noch ergänzend zu meinem Beispiel mit dem Rückpass. Das ist sogar schon in den Regeln festgehalten:
Ein Spieler verschafft sich keinen Vorteil aus seiner Abseitsstellung, wenn er den Ball von einem gegnerischen Spieler erhält, der den Ball absichtlich spielt (auch per absichtlichem Handspiel), es sei denn, es handelt sich dabei um eine absichtliche Abwehraktion eines gegnerischen Spielers.
Eine «Abwehraktion» liegt dann vor, wenn ein Spieler einen Ball, der ins oder sehr nah ans Tor geht, mit irgendeinem Körperteil außer mit den Händen/Armen (ausgenommen der Torhüter im eigenen Strafraum) abwehrt oder abzuwehren versucht.
Entscheidend ist hier also nur die Tornähe. Diese Einschränkung (also den zweiten Absatz) könnte man doch einfach entfernen, denn der hebelt den ersten Absatz fast komplett aus.