Was völlig unterschätzt wird, ist wie eine nur geringfügig bessere Gegnerschaft die Karriere bereits drastisch verkürzen und beeinträchtigen kann. Wenn statt Schönwetter-Boxen auf einmal 1-2 Kämpfe dazwischen sind, die an die Substanz gehen, ist der Superheld, der gegen dutzende Mumien geglänzt hat, auf einmal oft sehr verwundbar.
Beispiele gibt es ohne Ende. Tua war nach der Schlacht gegen Ibeabuchi nie wieder derselbe. Das Forums-Gelabber von seinem tollen Kinn mal außen vorgelassen, der Kampf ging so stark an seine Substanz, das Tempo war so hoch, sehr Fight so zermürbend, dass Tua durch ihn die Frische seiner Jugend völlig eingebüsst hat. Tua hat sich auch nie wieder so öffnen können wie vor der Ibeabuchi-Schlacht. Für ihn war das Tempo letztlich etwas zu hoch und er musste Körner rauskratzen, die ihm später nicht mehr zur Verfügung standen. Ibeabuchi hatte nach der Schlacht dann einen Dachschaden kurze Zeit später.
Tua war danach nie wieder richtig in Shape. Mal war er fett, mal superfett. Sein Vertrauen war auch nicht mehr so wie vorher. Außerdem hatte er nie wieder diese Workrate und Spritzigkeit. Sein Körperbau verrlor extrem an Geschmeidigkeit und Drahtigkeit.
Ohne den Ibeabuchi wäre er vielleicht Weltmeister geworden und hätte ein paar schöne Titelverteidigungen gemacht.
Stattdessen hatte er auch auf einmal irgendwie einen an der Klatsche. Der Kampf hatte schwere Spuren hinterlassen. Das Niveau war für einen Nicht-Titelkampf viel zu hoch. Solche Substanzschlachten gehören in Titelkämpfe und die meisten Boxer haben davon nur eine oder zwei Schlachten drin. Manche sind nie wieder dieselben.
Der Wladimir kackt sich in die Buchse, wenn er getroffen wird. Noch mal ein Opa Sanders vor der Nase und er hätte wieder einen Streifen in der Buchse. Jeder boxt so gut, wie es der andere zulässt. Der Wladimir hat extrem wenig Substanz gelassen, da er entweder kurzrundig KO ging oder nie Treffer nahm. Der hat sich nie irgendwo Karriereverkürzend durchkämpfen müssen, da er nie auf solches Gegnermaterial traf. Entweder totale Dominanz ohne überhaupt berührt zu werden, oder Panikattacken und der Kollaps bei etwas härteren Punchern wie Brewster oder Sanders.
Hätte er es auch nur einmal mit einem Holyfield, Bowe, Lewis, Tyson, Prime-Mercer, Ruddock, Morrisson, Tucker, Ibeabuchi usw. usw auch nur einmal zu tun gehabt, hätte dies bereits einen gehörigen Karriereknick bedeuten können. Wladimir hatte nach der Sanders-Niederlage null Selbstvertrauen mehr. Und Sanders war ein Niemand gegen die Giganten der 90er.
Wer einmal rundenlang von einem Holyfield beackert und in tiefe Wasser geführt wurde, war danach oft nie mehr derselbe. Holyfield hat den Bowe letztlich gesundheitlich ruiniert. Auch andere waren fertig, nachdem ihnen Holyfield auf der Pelle hing. Das waren oft auch engere Kämpfe, da Holyfield keinen großen Punch hatte, aber er drückte oft so stark, dass die Gegner substanzmäßig vernichtet wurden, wie der arme Quawi. Im ersten Duell 15R brutal und extrem eng gefightet, im zweiten Duell war er nach 4R KO und kollabierte. Das lag daran, dass er sich vom ersten Duell nie wieder erholte und Holyfield ihn da für immer gezeichnet hatte.
Einmal am Limit und die Karriere kann um Jahre verkürzt werden, wie bei dem armen Mugabi. Gegen Hagler 100erte schwerste Bomben ohne Probleme genommen, danach ging er in jedem kampf nach jedem etwas härteren Treffer schon KO, teilweise gegen echt schwache Puncher. Wenn die Eisdecke einmal gebrochen ist, friert sie im Boxen nie wieder zu. Einmal angeknackst und die Risse werden immer größer. Auf einmal ist eine Karriere vorbei, die 5 Jahre hätte länger laufen können, wenn man den einen oder anderen Gegner besser ausgelassen hätte.