[...]Die Kriterien für eine Aufnahme in "EASy GS" sind niederschwellig. "Die Entscheidung zur Speicherung einer Person […] erfolgt nicht auf Basis eines einzelnen relevanten Sachverhalts, sondern auf Grundlage einer sogenannten Individualprognose", heißt es in der Antwort auf die Anfrage. Diese offene Formulierung wird von Experten so interpretiert, dass eine Aufnahme auch ohne Verdacht auf eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit möglich ist. "Man kann also in der Datensammlung landen, wenn die Polizei meint, dass von einer Person die Gefahr des Anbringens von Aufklebern ausgeht", glaubt Marco Noli, Strafverteidiger aus München und Mitglied der AG Fananwälte. Die Menge der gespeicherten Personen stößt auch in der Politik auf Unverständnis. "Der Besuch von Fußballspielen ist in Bayern gefahrlos möglich, die Anzahl der Delikte und Ordnungswidrigkeiten geht seit Jahren kontinuierlich zurück. Vor diesem Hintergrund ist es absolut unverständlich, dass die bayerische Polizei still und heimlich eine weitere Datenbank zur Speicherung von Fußballfans angelegt hat - in der noch dazu dreimal so viele Personen gespeichert sind", sagt Deisenhofer, sportpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion.
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Und zumindest bei einigen Personen in der Datei wird neben vielen Angaben zur Person auch protokolliert, welche Spiele sie als Zuschauer besucht und wo genau sie sich im Stadion aufgehalten haben. In einer dem kicker vorliegenden Datenauskunft eines Fans sind dessen Besuche von Heim- und Auswärtspartien aufgelistet, jeweils mit dem Vermerk "Besuch einer Sportveranstaltung mit Aufenthalt im Kreis einer gewaltbereiten Gruppierung oder deren näheren Umfeld". Kenntnis von ihrer Speicherung und von den detaillierten Informationen zu ihr und ihrem Bewegungsprofil hatte die Person bis zu der bei den Behörden beantragten Einsicht keine. Die Datei greife "erheblich in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung" ein und sei "in dieser Form verfassungswidrig", sagt die AG Fananwälte sogar. Wie die Besuche nachgehalten werden, bleibt offen. "Polizeicomputer sind keine rechtsfreien Räume. Auch da gelten strenge verfassungsrechtliche Grundsätze, die damit verletzt werden", urteilt Anwalt Noli.
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Während die Aufnahme in die Datei schnell und unbemerkt geschieht, ist eine Löschung daraus vor Ablauf der gesetzlichen Speicherungsfrist von bis zu zehn Jahren ungleich schwerer. Die sei nur möglich, "wenn aus einer der Polizei bekannten Entscheidung der Justiz eindeutig hervorgeht, dass im Verfahren über den Beschuldigten jeglicher Tatverdacht ausgeräumt worden ist". Der Knackpunkt: Selbst ein eingestelltes Verfahren reicht dafür nicht aus, da Tatverdächtige von der Staatsanwaltschaft in den seltensten Fällen als "unschuldig" freigesprochen werden, bei einer Einstellung mangels Beweisen bleibt ein juristischer Restverdacht. Die Beweispflicht wird für die Gespeicherten also umgekehrt, nicht nur für die Grünen das "Gegenteil der Unschuldsvermutung".