Eine kleine Einstimmung:
Regeln
Die Formel 1 erfährt in diesem Jahr größere Regeländerungen bei der Aerodynamik. Ein Team um den früheren Ferrari-Chefdesigner Nikolas Tombazis entwickelte den Rahmen der Regeln, nach denen die 2022-Autos gestaltet sind.
Ursprünglich sollten die neuen Boliden schon 2021 auf die Strecke kommen, dies wurde jedoch aufgrund der Covid-19-Pandemie um ein Jahr verschoben.
Die Antriebe der Boliden bleiben im Großen und Ganzen gleich. Allerdings fahren sie ab dieser Saison mit E10-Benzin. Dies soll ein Schritt in die Richtung sein, dass die Formel 1 bis 2025 klimaneutral werden will.
Die Boliden unterscheiden sich optisch deutlich von ihren Vorgängern. Der Unterboden hat zwei große Venturi-Tunnel bekommen, welche nun massiv für einen Abtriebs-Gewinn sorgen sollen. Die früheren Ground-Effect-Autos wurden 1983 verboten. Die über den Asphalt schleifenden Kunststoff-Schürzen von früher sind aber nicht wieder mit dabei.
Das "Bodywork" ist an mehreren Stellen stark vereinfacht worden. Weg gefallen sind z.B. die immer komplizierter gestalteten Barge Boards, welche den Luftstrom um den Boliden gelenkt haben ... aber auch für starke Verwirbelungen gesorgt haben. Auch die Frontflügel-Platten wurden vereinfacht und die Flügelelemente des Frontflügels sind nun direkt an die Nasenspitze montiert. Dafür ist der Beamwing zurück gekommen.
Alles in allem wurden diese Maßnahmen in dem Bestreben unternommen, dass die "dirty air" hinter den Fahrzeugen geringer wird. Dadurch soll es einem Folgefahrzeug erleichtert werden, einem Kontrahenten in kurzem Abstand zu folgen.
Die FIA-Arbeitsgruppe hat ermittelt, dass der Verlust beim aerodynamischen Abtrieb beim Folgen eines 2019-Boliden diesen auf 55% senkt.
Mit dem FIA-Entwurf des neuen Boliden haben die Fahrzeuge noch 86% ihres Abtriebes, wie bei freier Fahrt ... so zumindest die Theorie. Ob das "Hinterherfahren" erleichtert wird, werden die Rennen zeigen. Bei den Testfahrten entstand aber ein leichter Eindruck, dass die Änderungen da durchaus etwas bewirkt haben.
Eine größere Änderung für die F1 ist auch der Wechsel von 13"-Felgen auf 18"-Felgen. Bei gleicher Reifenbreite wächst der Reifendurchmesser von 660mm auf 720mm. Laut den Fahrern erschwert dies in manchen Kurven ein wenig die Sicht ... aber letztlich werden sich die Fahrer wohl bald daran gewöhnen.
Dass die Groundeffekt-Autos gewöhnlicherweise härter abgestimmt sind und der "Federungskomfort" durch den kleineren Reifenquerschnitt abnimmt macht das Fahrerlebnis für die Piloten etwas ... nunja ... "ruppiger". Auch die Onboard-Aufnahmen bei den Testfahrten ließen die Kameras etwas mehr durchschütteln als früher. Mal schauen, wie dies auf etwas welligeren Kursen aussieht. Wobei ... in Austin soll es ja einen neuen Belag geben.
Die Erfahrungen bezüglich Reifendrücke, Reifenverschleiß, Temperaturfenster etc., etc. ... da dürfen die Teams mit den neuen Reifen vieles neu lernen. Klar ... sie können sich ein wenig bei den Formel-2-Teams schlau fragen, wobei die Reifendimensionen (abgesehen vom Felgen-Durchmesser) nicht die gleichen sind.
Ein paar Beispiele für informative Videos:
Ein paar andere Regeln wurden noch angepasst. Zum Beispiel die Punktevergabe, wenn Rennen nicht über die ganze Distanz gefahren werden, oder dass nun wieder alle Fahrer beim Start die freie Reifenwahl haben.
Teams und Fahrer
Auch dieses Jahr machen wieder die bekannten 10 Teams mit. Ich liste sie entsprechend der 2021-Konstrukteurswertung auf.
Mercedes W13
#44 Lewis Hamilton
#63 George Russell
Ungewohnte Situation für Mercedes. Zwar war man schon in anderen Jahren - als Vettel mit um die WM kämpfte - innerhalb einer Saison der Verfolger, doch erstmals seit der 2014 geht man nicht als das Team an den Start, deren Fahrer in der Vorsaison den WM-Titel geholt hat.
Über das Können von
Lewis Hamilton braucht man keine Zweifel haben. Seine 2021-Saison war jedoch teilweise durchwachsen und offenbarte so manche kleinere Fehler, die man in anderen Jahren von ihm weniger gewohnt war (z.B. in Imola). Letztlich holte Hamilton gegen Saisonende wieder stark auf und war nahe der Titelverteidigung. Den Kampf um einen achten Titel hat er sicher noch längst nicht aufgegeben.
Nachdem
George Russell schonmal seinen neuen Teamkollegen corona-bedingt in Bahrain bei Mercedes vertreten durfte, hat er nun nach drei Jahren bei Williams das Stammcockpit bei Mercedes bekommen. Im Netz findet man recht leicht das Bild des jungen Russell, wie er sich von Lewis Hamilton (damals noch bei McLaren) ein Autogram abholen möchte. Nun fährt er im gleichen Team wie sein vermeintliches Idol.
Bei seinem ersten Mercedes-Einsatz zeigte Russell sofort eine ansprechende Leistung und vermochte Valterri Bottas hinter sich zu bringen. Nun wird sich längerfristig zeigen, wie viel Talent in ihm steckt. Russell hat in der GP3 und der Formel 2 jeweils in seiner Debüt-Saison den Titel mit solidem Abstand geholt. Das schaffen eher wenige Piloten.
Andererseits ... ein stärkeres Rundumpaket als Teamkollegen als Hamilton findet man auch nicht leicht.
Der Mercedes W13 beeindruckt mit seinen extrem schlanken Seitenkästen. Doch so ganz rund lief er bei den Testfahrten noch nicht. Die Fahrer haben gut zu tun am Lenkrad, der Wagen übersteuert mehr als gewünscht. Das "sandbagging" wurde Mercedes wieder einmal vorgeworfen. Oder ist man bei den silbernen wirklich nicht vorne dran? Als Top4 werden sie auf jeden Fall gehandelt. Und abschreiben darf man Mercedes nie. Immer wieder hat man ein hohes Entwicklungstempo präsentiert und dass Mercedes seine Kontrahenten "outdeveloped".
Selbst wenn der W13 zu Saisonbeginn nicht (wieder) vorne wegfährt ... man wird früher oder später mit ihm weiter vorne rechnen.
Red Bull RB18
#1 Max Verstappen
#11 Sergio Perez
Hamilton fuhr lieber weiter seine Startnummer aus Kart-Tagen. Nico Rosberg wollte nach seinem WM-Gewinn keine weiteren Rennen mehr bestreiten.
Max Verstappen jedoch fährt mit Stolz die Nummer 1 umher. So kontrovers das Saisonfinale auch gewesen sein mag, insgesamt war der WM-Titel für Verstappen - mit seinen Leistungen über das Jahr gesehen - nicht unverdient.
Seine harte Fahrweise polarisiert jedoch auch sehr ... und es ist fraglich was passiert, wenn ein Gegner mal nicht so nachgibt wie Hamilton, wenn Verstappen ihn von der Strecke drängt. Zum Favoritenkreis muss man ihn gewiss wieder zählen.
Bei
Sergio Perez rechnet man nicht wirklich damit, dass er um den WM-Titel fahren könnte. Nachdem das Reb-Bull-Team so manchen im Junior-Kader verheizt oder aussortiert hat (z.B. Carlos Sainz) und manche Fahrer nicht so recht überzeugten (z.B. Brandon Hartley), durfte mit Checo Perez nach langer Zeit mal wieder ein Fahrer bei Red Bull verpflichtet werden, welcher nicht dem eigenen Nachwuchs-Programm entspringt. Perez machte seine Sache im RB16B insgesamt besser, als Albon und Gasly in ihrer Zeit bei Red Bull. Dennoch fährt Checo auch ein wenig um seine Karriere.
Den Speed von Verstappen hat er meistens nicht. Es reichte zuweilen, um Hamiltons Rennen zu beeinflussen. Und es reichte oft auch, um gute Punkte zu holen. Doch Checo ist nicht unbedingt die "Zukunft", falls er bei einem Ausfall Verstappens nicht um Siege kämpfen kann.
Red Bull hat noch drei andere Fahrer in der F1, die sich gerne eine erste oder zweite Chance im "Mutterteam" verdienen wollen. Und an Fahrern in den Nachwuchs-Rennserien mangelt es auch nicht. Irgendwann wird man bei RB wieder in den "Nachwuchs" investieren wollen. Checo ist mit mehr als 200 GP-Starts einer der Veteranen.
Der RB18 machte zum Ende der Testfahrten einen sehr guten Eindruck. Er lag gut auf der Strecke und die zum Ende gebrachten Updates schienen zu funktionieren. Was Verstappens Testbestzeit wert ist, bleibt fraglich. Doch aus heiterem Himmel wird sie auch nicht kommen.
Ferrari F1-75
#16 Charles Leclerc
#55 Carlos Sainz
Es ist gewiss nicht Ferraris Anspruch, so wie letzte Saison nicht aus eigenem Antrieb um Siege fahren zu können. Was man auf jeden Fall geschafft hat, ist dass man einen der schönsten 2022-Boliden auf die Strecke gebracht hat.
Für
Charles Leclerc ist es die vierte Saison bei Ferrari und die fünfte in der Formel 1. Er sitzt bei Ferrari fest im Sattel, auch wenn die letzte Saison aus seiner Sicht vielleicht nicht ganz so lief, wie erhofft.
Carlos Sainz' Karriereweg ist etwas ungewöhnlich. Obgleich er in der Formel Renault und bei Toro Rosso durchaus ansprechende Leistungen zeigte, mühte er sich 2018 im Renault ziemlich an der Seite von Nico Hülkenberg. Sein Abschneiden gegenüber dem etablierteren Teamkollegen führte dazu, dass Red Bull den Piloten aus dem eigenen Nachwuchskader - den man an Renault ausgeliehen hatte - nicht zurück haben wollte, als Ricciardo zu Renault gewechselt war und Sainz verdrängte.
Sainz kam bei McLaren unter und überzeugte dort, was ihm letztlich auch das Cockpit bei Ferrari ermöglichte, nachdem Vettel die Roten verlassen hatte. Am Ende war es doch ein Stück überraschend, dass Sainz vier Podien holte und mehr Punkte auf dem Konto hatte als sein mit ordentlicher Reputation versehener Teamkollege. Andererseits darf man natürlich dennoch festhalten, dass Leclerc sowohl im Qualifying als auch im Rennen meistens vor Sainz rangierte. Kamen beide Ferrari in den Top6 ins Ziel, dann war es Leclerc, der zuerst den Zielstrich überquerte.
Dennoch war Sainz' Saison recht überzeugend. Vielleicht schafft er ja auch mal einen Sieg. Mit bislang 6 Podestplätzen ohne Sieg hat er aber nicht mal die Hälfte von Nick Heidfelds Rekord erreicht (13 Podestplätze ohne Sieg).
Der Ferrari F1-75 konnte bei den Testfahrten überzeugen. Der neue Ferrari-Motor scheint gut zu laufen und das aerodynamische Konzept sieht nicht nur schick aus, sondern scheint auch gut zu funktionieren. Insgesamt erweckte der Bolide den Eindruck angenehmer zu fahren zu sein, als manch Bolide der Konkurrenz. Klar ... F1-Piloten suchen keinen Komfort ... sie suchen kurze Rundenzeiten. Aber letztlich spricht es sehr für die Scuderia, dass der Wagen keine großen Schwächen offenbarte und die Testfahrten recht geschmeidig liefen. Die Laune im Rennstall war/ist durchaus gut.
McLaren MCL36
#3 Daniel Riccardo
#4 Lando Norris
Daniel Ricciardo war der einzige Stammfahrer, der in der Testwoche in Bahrain nicht mitmachen konnte. Mittlerweile hat er seine Corona-Infektion hinter sich gelassen und ist bereit wieder ins Lenkrad zu greifen. Dabei wird er hoffen, dass die neue Saison deutlich besser läuft als 2021.
Während Ricciardo nach seinem Wechsel von Red Bull zu Renault im gelb-schwarzen Boliden die Argumente für sein hohes Gehalt liefern konnte, tat er sich letztes Jahr im McLaren eher schwer ... auch wenn er in Monza den Sieg zu holen vermochte. Eventuell liegt ihm der McLaren der neuen Fahrzeuggeneration etwas mehr.
Nachdem
Lando Norris gegen Carlos Sainz häufiger den kürzeren gezogen hatte, war die letzte Saison für ihn eine Erfolgsgeschichte. Schließlich hat Ricciardo durchaus einen Ruf als schneller Fahrer ... sei es nun durch seine Jahre mit Max Verstappen bei Red Bull oder sei es, weil er quasi für das F1-Karriereende von Nico Hülkenberg gesorgt hat.
Nur zwei Mal kam Norris letztes Jahr nicht in die Punkte. Das sah man sonst nur bei Sainz und Hamilton. Er möchte gewiss eine derart solide Saison folgen lassen.
Der McLaren MCL36 wird zu den Top 4 gezählt. Er wirkt nicht unbedingt spektakulär, doch McLaren schaffte es recht gut, dem "Porpoising"-Problem entgegenzuwirken. Negativ fielen die Bremsprobleme während der Testfahrten auf und dass der Bolide zuweilen arg untersteuert.
Ich bin mir sehr unsicher, welches Potential der Wagen hat.
Alpine A522
#14 Fernando Alonso
#31 Esteban Ocon
Fernando Alonso wirkt auch nach 333 GP-Starts weiterhin motiviert. Zwar sieht es nicht unbedingt so aus, als wäre der langersehnte dritte WM-Titel in greifbarer Nähe ("El Plan"), aber er scheint weiterhin Spaß daran zu haben schnell zu fahren. So ließ er bereits jetzt verlauten, dass er sich durchaus vorstellen kann, seinen Vertrag nochmals zu verlängern.
Esteban Ocon wirkte nach seiner Auszeit - bedingt durch den Verkauf von Force India an Lawrence Stroll und Kollegen - zunächst nur als günstige Alternative zu Nico Hülkenberg, um quasi Geld für das üppige Ricciardo-Gehalt einzusparen. Alonso gestand zwar letztes Jahr zu Beginn der Saison ein, dass er noch nicht in der Lage sei, das Potential des Boliden abzurufen ... doch auch im späteren Saisonverlauf musste sich Ocon vor seinem Teamkollegen nicht verstecken. Das Teamduell war letztlich ausgeglichener als von vielen vorher erwartet ... Alonsos Auszeit hin oder her. Mal schauen, wie dies im zweiten Jahr abläuft. Allerdings hat Ocon so oder so einen Vertrag bis 2024 ... ganz im Gegensatz zu Ersatzfahrer Piastri, welcher nur begrenzten Nutzen davon hat, dass er den Formel-2-Titel souverän gewann.
Der neue Alpine wirkte bei den Testfahrten recht unspektakulär. Ein Auto ohne große Überraschungen. Der neue Antrieb läuft zwar, scheint aber dennoch schwächer zu sein, als die Aggregate von Mercedes, Ferrari und RB/Honda. Bislang hofft Alpine darauf, in Bahrain ins Q3 zu fahren.
Während Renault bei der Rückkehr als Werksteam vor gut 20 Jahren nach ein paar Jahren um den WM-Titel fuhr, ist man nun - im 7ten Jahr nach dem erneuten Kauf des Enstone-Teams - diesem Ziel nicht unbedingt nahe.
AlphaTauri AT03
#10 Pierre Gasly
#22 Yuki Tsunoda
Pierre Gasly hatte seine Chance damals im Red Bull nicht nutzen können. Er fühlt sich im RB15 nicht "zuhause", könnte man sagen. Sein Nachfolger Alex Albon machte es zwar auch nicht besser, aber dafür überzeugt Gasly seit seiner Rückkehr zu Toro Rosso ... wo er sich quasi "zuhause" fühlt. Er verpasste Daniil Kwjat einen neuerlichen Karriereknick und dämpfte die Erwartungen an dessen Nachfolger. Gasly wünscht sich sicherlich eine erneute Chance im "großen" Team. Aber ob man ihm dies zutraut? Letztlich wird das Fahrverhalten des aktuellen RB nicht unbedingt gleich sein mit dem des RB15. Ob ihn die neuen Fahrzeuge eher liegen? Wer weiß...
Sein Teamkollege
Yuki Tsunoda kam mit ordentlich Vorschusslorbeeren in die Formel 1. In der Formel 2 verkaufte er sich neben Callum Ilott als bester Qualifyer und holte in den Hauptrennen von allen Fahrern die meisten Punkte. Bei den Sprint-Rennen - wo die Startreihenfolge teilweise umgedreht wird - konnte er jedoch weniger abräumen und nicht die Konstanz eines Mick Schumacher liefern. Aber er galt als schnell.
Seine erste F1-Saison verlief aber ernüchternd. Nur Sergio Perez verlor das Quali-Duell gegen seinen Teamkollegen ähnlich deutlich wie Tsunoda. In den Rennen neigte Tsunoda zuweilen zu ungestümen Aktionen, die ihm ein besseres Ergebnis verbauten ... z.B. gegen Vettel in Jeddah.
Wenn Gasly bei Alpha Tauri bleibt und Tsunoda erneut deutlich von diesem geschlagen wird, dann könnte es schon nach 2 Jahren eng für ihn werden. Vor ein paar Jahren hatte Red Bull noch "Nachwuchsprobleme" (z.B. weil Dan Ticktum seine Chance verbockte) ... nun gibt es mehrere Red Bull Fahrer in den Nachwuchsserien, die schon genügend Punkte für eine Superlizenz haben.
Der AT03 fiel bei den Testfahrten nicht groß auf ... das lag vielleicht an der Lackierung. Das Mittelfeld sollte aber drin sein.
Aston Martin AMR22
#5 Sebastian Vettel (#27 Nico Hülkenberg)
#18 Lance Stroll
Nach der eher desolaten 2020-Saison war es durchaus fraglich, wie der Einstand von
Sebastian Vettel bei Aston Martin ausfällt. Gewiss konnte er nicht unbedingt erwarten, wie sein Vorgänger Sergio Perez um Siege zu fahren. Jener fuhr nahezu mit einer 1:1-Kopie des Mercedes W10 von 2019. Der AMR21 war dann doch mehr auf Eigenentwicklung gestellt. Vettel brauchte zwar etwas, um in Schwung zu kommen, doch mit zunehmender Saisondauer gelang es ihm immer mehr seinen Teamkollegen auf Distanz zu halten. Ihn bremste Zuweilen manch Mittelfeld-Scharmützel, das manch bessere Ergebnisse verwarf.
Die Erwartung an Vettel durfte man an einen viermaligen Weltmeister vielleicht auch haben, wenn der Teamkollege schon von Massa und Perez mehr oder weniger gebügelt wurde. Letztlich lässt Vettel aber auch ein Stück weit durch blicken, dass ein Rücktritt für ihn nicht ausgeschlossen ist, wenn der AMR22 nicht konkurrenzfähig ist.
In Bahrain darf das statt seiner
Nico Hülkenberg erörtern, der zum vierten Mal wegen eines positiven Corona-Tests beim Team aus Silverstone ins Lenkrad greift. Auch wenn er 2020 - als er für Perez einsprang - sogleich in Silverstone nur 1 Zehntel hinter Stroll im Qualifying rangierte und beim zweiten Silverstone-Qualifying gar unter die Top3 kam ... man darf dennoch nicht vergessen, dass Hülkenberg letztes Jahr nicht ein einziges Rennen gefahren ist.
Lance Strolls Cockpit ist wahrscheinlich unabhängig von seinem Abschneiden. Ohne seine Motorsportkarriere hätte sein Vater das Team mit seinen Partnern wohl garnicht gekauft. Oder es würde nun Dmitri Mazepin gehören. Vielleicht wäre Force India auch einfach liquidiert worden.
Strolls Karriere zeigt zwar weiterhin, dass man mit dicken Geldbeutel einen Vorteil in Nachwuchs-Rennserien haben kann (ein paar Reifen mehr zum Testen, ein frischerer Motor ... usw.), aber der ganz große Durchbruch in der Formel 1 steht bislang nicht in Aussicht.
Stroll hat aber auch keinen Druck.
Der AMR22 wirkt - verglichen mit manch anderen Boliden - recht klobig aus.
Laut Entwicklungschef Tom McCullough sieht das Modell, das derzeit im Windkanal ist, aber auch schon wieder völlig anders aus, als das derzeitige Auto, bei dem man eher konservativ rangegangen ist, um zu "lernen".
Nichtsdestotrotz ... Lawrence Stroll investiert viel in den Rennstall. Sowohl in namhaftes Personal, als auch in die Infrastruktur in Silverstone. Früher oder später will man sicher mehr als nur im Mittelfeld fahren.
Williams FW44
#6 Nicolas Latifi
#23 Alexander Albon
Nicolas Latifi geht in seine dritte Saison bei Williams. Obgleich er in seinem 4ten Jahr in der GP2/Formel 2 den Vizetitel erreichen konnte, galt/gilt Latifi als Paydriver. Aber dafür ermöglicht er seinem Team halt z.B. das Lavazza-Sponsoring. Obgleich Latifi auch durchaus ein Markenbotschafter für Nutella sein könnte. Sein Fable für die Nuss-Nougat-Creme ist durchaus bekannt.
Nach dem Saisonfinale war Latifi zuweilen Zielscheibe von manch Verschwörungstheorien, die ihm vorwarfen, dass er mit Absicht verunfallt war, woraufhin das ... nunja ... "folgenschwere" SafetyCar ausrückte. Viele Fahrer waren von den unrühmlichen Anschuldigungen gegenüber Latifi schockiert ... was auch daran liegen mag, dass Latifi als einer der nettesten Fahrer im Paddock gilt.
Sympathie-Punkte nutzen aber nur begrenzt. Was wenn Dorilton-Capital - als neuer Team-Eigner - nicht mehr auf die Latifi-Millionen angewiesen wäre (wie vorher die Williams-Familie)? Sitzt Latifi dann noch fest im Sattel? Letzte Saison hatte er ein paar gute Momente ... wurde aber dennoch meist von Russell recht deutlich abgehängt.
Mit
Alex Albon gibt es einen eher unerwarteten Rückkehrer in der Formel 1. Letztes Jahr hatte er hinter den Kulissen bei Red Bull gut zu tun (im Simulator) und betat sich später auch als Driver-Coach für Yuki Tsunoda. Tatsächlich war er nach Verstappens Zieldurchfahrt dann auch der erste am Funk, um seinem früheren Teamkollegen zu gratulieren ("Oh my Lord, Max! You are the world champion! You are the world champion! Yes!").
Albon ist auch im Williams weiterhin Teil des RB-Fahrerkaders ... und darf daher auch kleine Bullen-Aufkleber tragen oder seine Red-Bull-Trinkflasche auf dem Mercedes-getriebenen Williams-Cockpit abstellen.
Albons erneuter Anlauf in der Formel 1 kommt etwas überraschend ... aber vielleicht will man ihn nochmal evaluieren. Sollte er Latifi nicht klar bezwingen, dann ist aber auch klar, dass er zukünftig wohl keinen Vorzug über die RB-Emporkömmlige aus der Formel 2 erhalten wird.
Der FW44 ist zwar - im Gegensatz z.B. zum FW42 - mit seiner Lackierung ein optisch gelungenes Fahrzeug ... doch schön heißt nunmal nicht gleich schnell. Die Testfahrten liefen für das Williams-Team nicht so wie erhofft. Insbesondere der Brand durch den Brake-by-Wire-Defekt kostete viel Testzeit. Wahrscheinlich werden die Williams eher weiter hinten anzutreffen sein.
Alfa Romeo C42
#24 Guanyou Zhou
#77 Valtteri Bottas
Nach 4 Jahren bei Williams war
Valtteri Bottas 5 Jahre lang bei Mercedes unterwegs. Dabei hatte er auch durchaus gute Momente, zeigte sich immer wieder als recht starker Qualifier und kämpfte zumindest am Anfang von 2018 und 2019 noch mit um die WM-Führung.
Aber im Großen und Ganzen sah er häufig gegen Lewis Hamilton nicht viel Land.
Das wäre kein großes Problem, wenn Bottas einfach nur "zweite Geige" wäre ... aber letzte Saison konnte er seinem Teamkollegen im WM-Kampf recht wenig helfen. Nur in der Türkei konnte Bottas verhindern, dass Verstappen mehr Punkte holte. Da liegen auf Russell dann doch mehr Zukunftshoffnungen.
Letztlich kam er jedoch als Nachfolger seines Landsmannes Räikkönen bei Alfa Romeo unter.
Mit
Guanyou Zhou hat sich erstmals ein chinesischer Rennfahrer ein Stammcockpit in der Formel 1 geholt und omit Antonio Giovinazzi ersetzt, der auch einen kaum mehr motiviert wirkenden Räikkönen nicht entscheidend schlagen konnte. Angeblich bringt Zhou gut 30 Millionen Euro in die Teamkasse. Im dritten Jahr in der Formel 2 hat er es unter die Top3 der Meisterschaft geschafft und somit schließlich die nötigen Punkte für eine Superlizenz zusammengekratzt. Bei der Bekanntgabe seines 2022-Cockpits war dies nicht mal gesichert.
Zhou
kann schnell fahren ... doch in der F2 mangelte es ihm häufig an konstanten Leistungen. Sein Team UNI-Virtuosi ist/war auch durchaus dafür bekannt, manchmal eine etwas versetzte Strategie zu fahren. Mal konnte Zhou dies zu seinem Vorteil nutzen ... mal geriet er selbst in Reifenprobleme.
Zhou ist letztlich nicht das große Talent und es würde mich überraschen, wenn er mit Bottas mithalten kann. Jener wirkte zuletzt deutlich lockerer und gelöster. Es macht halt einen gewissen mentalen Druck, Hamilton als Teamkollege zu haben.
Der C42 (das C steht für Christiane, die Ehefrau von Peter Sauber) fällt optisch ein wenig aus der Reihe. Die stark unterschnittenen Seitenkästen erinnern an den Toro Rosso STR6) fallen auf, ebenso der Überrollbügel. Verglichen mit anderen Teams ist die "shark fin" größer ... man hat diese und jene Kühlkomponenten weiter unten angeordnet.
Der Radstand wirkt etwas kürzer als bei den anderen Wagen. Immerhin, angeblich soll Alfa Romeo/Sauber keine Probleme mit dem Mindestgewicht haben.
Dennoch, trotz manch guter Rundenzeit im Test, wird das Team eher am hinteren Ende erwartet.
Haas VF-22
#20 Kevin Magnussen
#47 Mick Schumacher
Hätten vor 3 Wochen noch irgendwelche Leute behauptet, dass beim Saisonstart Nico Hülkenberg und
Kevin Magnussen an den Start gehen werden ... man hätte ihnen wohl nicht viel Glauben geschenkt.
Das Wiedersehen mit dem alten Bekannten kommt entwas überraschend, aber nach dem russischen Einmarsch in Ukraine wurden die Verbindungen zum Düngemittel-Hersteller und Oligarchen Mazepin alsbald gekappt. Ohne dessen Sponsoring gab bzw. gibt es für Haas keinen Grund, Nikita Mazepin weiter als Fahrer zu beschäftigen. Wie dessen Leistungen in der Formel 2 schon vermuten ließen ... war er einfach zu langsam. Aufgrund seiner Nähe zu Putin wäre Mazepin so oder so schwer weiter haltbar gewesen.
Magnussen wurde von Chip Genassi freigestellt und bei der IMSA durch Neel Jani ersetzt. Auf sein Peugeot-Cockpit in der WEC verzichtet er auch.
Letztlich suchte Haas nach einem erfahrenen Fahrer als Ersatz für Mazepin. Magnussen ist da durchaus eine logische Wahl, auch wenn er während der gemeinsamen Jahre häufig nicht den Rennspeed von Grosjean hatte. Was ihn mit seinem neuen Teamkollegen eint sind die oftmals recht guten Rennstarts.
Mit diesen konnte
Mick Schumacher in der Formel 2 so einige Positionen gut machen. In der Formel 1 nützt ihm das im Haas bislang wenig. Mazepin war letztes Jahr ein dankbarer Gegner ... Magnussen ist schon ein besserer Gradmesser.
Der VF-22 zeigt sich mit diesen oder jenen interessanten Detail-Lösungen. Haas hat sich früh auf die Entwicklung des 2022-Boliden festgelegt und durfte auch die meisten Windkanal-Stunden einsetzen. Neben manch starken Zeiten in Bahrain wirkten auch die Longruns des Haas nicht schlecht. Vielleicht ist ein solider Mittelfeld-Platz drin ... eine Platzierung weit vorne wird nicht erwartet. Dass Haas weiter am Ende des Feldes rumkrebst aber auch nicht.