Hier mal was aus japanischer Sicht zu den Anzügen. Der Autor ist Journalist und Skisprungexperte, er hat u. a. ein schönes Buch über die "Goldene Generation" um Harada geschrieben.
Der Artikel erschien am 22. Januar, das hier sind Ausschnitte.
Mir ist klar, dass einige Sätze hier auf vereinigten Widerstand stoßen, aber vielleicht ist er ja Anregung, die eigene Sichtweise mal zu erweitern.
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Es ist eine Saison der knappen Resultate, dahinter steht die Neuregelung der Anzüge.
„Die neue Regel lautete vor Beginn des Sommers: „direkt am Körper anliegend, + 0 cm“. Diese Neuregelung war darauf gerichtet, Vor- und Nachteile durch Anzüge auszumerzen. Dementsprechend wechselte die japanische Mannschaft, beginnend mit den Kombinierern, ab dem Sommer Grand Prix im Juli die Anzüge, und Shimizu Reruhi, der erst im zweiten Jahr dabei war, siegte im zweiten Springen und war Zweiter im dritten, das waren gewaltige Fortschritte.
Weiterhin errang der 13. des Gesamtweltcups des Vorjahres, Takeuchi Taku, den Sieg im siebten Springen und wurde Dritter bzw. Zweiter im achten und neunten Springen. Im Grand Prix Ranking belegten Takeuchi den 3. und Shimizu den 4. Platz, der 30jährige Watase Yûta wurde 10. und der 21jährige Kobayashi Junshirô 17. Sie alle erreichten damit gute Resultate.
Kasai, der nur im ersten Teil startete und auf Platz 22 einkam, erzählt: „Obwohl meine Form nicht besonders gut war, landete ich so um den 3. Platz herum. Das war für mich die Bestätigung, dass die Japaner auf sprungtechnischem Gebiet, selbst international betrachtet, nicht unterlegen waren.“
Vor dem Winter jedoch wurden die Regeln geändert, und aus den + 0 cm wurden +2 cm. Die Begründung dafür war, dass bei 0 cm sich die Anzüge ausdehnen und die Abnutzung zu groß würde. Mit dieser Änderung drehte sich der Wind; die japanischen Springer erreichten immer seltener gute Ergebnisse.
Dazu äußerte sich Takeuchi mit einem bitteren Lächeln: „Auch der deutsche Trainer ist der Meinung, dass es fairer war, als die + 0 cm galten. Dass beim SGP Japan in sehr guter Form war, war (im Hinblick auf eine Regeländerung) sicher nicht gut. Normalerweise werden nämlich im Herbst keine Regeländerungen vorgenommen. Wir hätten uns wohl besser etwas zurückhalten sollen.“
Unter diesen Vorzeichen startete man in den Weltcupauftakt im November des vorigen Jahres. „Anfangs gingen wir davon aus, dass + 2 cm kaum einen Unterschied bedeuten würden, und alle Teams hatten ja gleichartige Anzüge“. So die Aussage von Cheftrainer Yokokawa, und tatsächlich erreichten Takeuchi Platz 9 im ersten und Platz 6 im dritten Springen und Kasai Platz 10 im zweiten und Platz 7 im dritten. Auch der junge Shimizu, auf dem Erwartungen ruhen, kam in Sotschi auf dem 9. bzw. 10 Platz ein, somit hatte Team Japan auch ohne den Spitzenmann Itô einen guten Start.
Aber nun arbeitete man in den europäischen Teams fieberhaft an der Entwicklung neuer Anzüge und damit einhergehend wurde der Kampf für Team Japan hoffnungsloser. Obwohl auch die Anzüge der Japaner einen neuen Schnitt bekamen, kam es dazu, dass bei der Vierschanzentournee ein 17. Platz von Takeuchi die beste Plazierung war.
Weil diese neuen Anzüge „einen Schnitt hatten, bei dem sich während der Luftfahrt der Gesäßteil nach außen wölbte, wirkte das eher wie eine Bremse“ (Kasai), und so holte man die noch immer im Auto des Wachsers liegenden alten Anzüge wieder hervor. Und siehe da, obwohl sich der Stoff gedehnt und die Luftdurchlässigkeit sich erhöht hatten, sprang man damit fünf Meter weiter. Kasai dazu: „Da wurde mir klar, dass wir keinen sprungtechnischen Rückstand, sondern einen bei den Anzügen hatten.“
Kasai weiter: „Die europäischen Teams sitzen dicht am Nachschub, wenn sie einen Anzug einmal benutzen und er ist nicht gut, dann lassen sie sich sofort ein neues Modell kommen und probieren es. Japan ist so weit weg, dass wir das nicht können. Zur Zeit haben die Norweger gute Anzüge. Auch Österreich hatte zwischenzeitlich hervorragende, jetzt haben sie etwas nachgelassen. Immerzu werden verschiedene Varianten probiert, so dass es wellenartige Formkurven gibt.
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Die Weltcupsaison wird seit ihrem Start durch das Bestreben nach Anpassung der Sprunganzüge hin und her geschüttelt, und die Schlacht um die Weiterentwicklung wird noch lange anhalten. Auch das japanische Team hat mit den neuen Anzügen, die in Sapporo getragen wurden, einen Schritt nach vorn gemacht, aber wenn die anderen Länder neue Verbesserungen vornehmen, werden wir unweigerlich weiter abgehängt werden.
Hinzu kommt, dass im Fall Japans eine der beiden Firmen, die den Anzugstoff herstellen, nämlich die von den meisten Teams bevorzugte deutsche Firma Meininger, aus vertragsrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung steht, so dass nur die Schweizer Firma Escher bleibt, was ebenfalls ein Problem ist.
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Yokokawa: "Mit den null Zentimetern gab es keine Gestaltungsmöglichkeiten, aber wahrscheinlich hat niemand auf der Welt geahnt, was durch zwei Zentimeter für Unterschiede hervorgerufen werden. Sowohl für die Anzugschlacht wie auch für die Tüfteleien mit den Schuhen gilt, dass jedes Land alle Mittel einsetzt.“
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„So wie bei den Olympischen Spielen in Vancouver Simon Ammann mit seinen gebogenen Bindungsstäben überragend stark war, muss auch Team Japan verschiedenste Überlegungen anstellen, weil ja auch, so glaube ich, mit Sicht auf Olympia die anderen Nationen dabei sind, einiges auszuprobieren. Wenn man als Springer immer schlechtere Resultate hat, verfällt man auf den Gedanken, dass man sicherlich technisch schlecht springt, aber es ist eben nicht nur die Technik, auch das Material ist in der Tat entscheidend.“ So sieht es Takeuchi und in diesem Sinne wird das Konkurrieren um Weiterentwicklungen wohl anhalten.
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