Gegenfrage: Welcher Superstar wird in der NBA überhaupt noch eins-zu-eins verteidigt? Allem Anschein nach war James wenigstens daran beteiligt, Nowitzki am Punkten zu hindern. Vielleicht können diejenigen, die mehr vom Spiel sahen, dazu etwas sagen.
Da ich das Spiel gestern gesehen habe: Individuell war LeBron vor allem offensiv übers gesamte Spiel sehr viel auffälliger (Nowitzki hatte ein paar herausragende Minuten Anfang des 4. Viertels, aber sonst ein relativ ruhiges Spiel - eigentlich eine groteske Bezeichnung, denn auch dies war auf sehr hohem Niveau) und defensiv spielte er dann tatsächlich zusammen mit anderen eine sehr gute Rolle gegen Nowitzki.
Aber unterm Strich war er Nowitzki gar nicht so überlegen. Selbst wenn man in Betracht zieht, dass die Cavs ein grauenhaft zusammengestelltes Team sind (es fehlt vor allem ein gut werfender Point Guard, der gar nicht unbedingt der allerbeste Playmaker mit Riesenhandling sein muss, - Mike Bibby wäre da für die Offense einer der am besten geeigneten Spieler gewesen: Er und LeBron hätten sich das Playmaking geteilt und vor allem wäre er der ideale Abnehmer fürs Drive&Dish von LeBron gewesen), konnte man deutlich sehen, dass LeBron zusammen mit der seiner Mitspieler deutlich gegen Dirks sehr gutes Zusammenspiel mit den seinen abfiel - dass die Cavs überhaupt am Ende noch einmal rankamen, ist natürlich vor allem seiner individuellen Klasse anzurechnen, und auch endlich seinen Mitspielern, die wenigstens defensiv dann mal gut gearbeitet haben.
Zur MVP-Diskussion dies: Es kommt dabei immer auf den Wert an, den man den jeweiligen Kategorien beimisst:
a. individuelle Leistung
b. wie wären die Chancen des Team ohne den Spieler gewesen?
c. Zusammenspiel mit dem Mitspielern (Erfolg!)
Bei Punkt A findet man immer auffällige Spieler, die einem MVP-würdiger als andere erscheinen, da sie mehr Last als diese tragen oder in Sachen Vielseitigkeit überlegen scheinen - hier kommen immer wieder Spieler wie vor allem Garnett in die Diskussion, oder eben auch die herausragenden Scorer wie Iverson in fast seiner ganzen Karriere oder in dieser Saison zum Beispiel Arenas.
Punkt B ist wohl am schwersten zu beurteilen, und allzuviel Aussagekraft möchte ich ihm eigentlich nicht beimessen, da weitere Beweise fehlen: Dass das Fehlen von einem der wichtigsten Spieler einen Einfluss hat, ist natürlich klar, und in der Tat brachen z.B. die Suns ohne Nash sofort ein - die Kehrseite ist aber, dass man nicht wissen kann, ob sich die Suns nicht möglicherweise nach noch einigen Spielen mehr darauf hätten einstellen können - individuell mögen Stoudemire und Marion ohne den herausragenden Offensivspielmacher zwar nicht mehr die Monster mit überragender FG-Quote sein, gehören aber immer noch zu den besseren Spielern der Liga, ebenso wie auch der Supporting Cast der Suns durchaus ordentlich ist. Solange Nash nicht mal mindestens 10 Spiele am Stück fehlt, möchte ich da nicht mutmaßen, dass sie tatsächlich ein Lottery-Team wären, wie es den Anschein durch die Siegquote ohne Nash hat.
Hier mal die Analyse von Charley Rosen von einem Spiel - das Fazit von ihm muss man nicht so für voll nehmen, aber die reinen Statistiken zeigen, wie sehr das Spiel der Suns auf Nash ausgerichtet ist, wenn er auf dem Platz steht: Seine Rolle ist der von Marion, Stoudemire und allen anderen dann deutlich überlegen. Dass ein Team länger als nur wenige Spiele braucht, um sich neu zu orientieren und auf der Siegesstraße zu bleiben, wenn dieser Motor fehlt, versteht sich von selbst.
Auf der anderen Seite würde auch niemand davon ausgehen, dass die Lakers ohne Bryant auf Dauer besser gewesen wären als mit ihm, nur weil sie ohne ihn am Anfang der Saison eine Bilanz von .750 (3-1) und seitdem mit ihm von .556 (30-24) einfuhren.
Punkt C erkennt man nur, wenn man die Spiele wirklich sieht: LeBron würde ich nicht als Egozocker bezeichnen, aber sein Spiel auf dem Platz führt mit dem seiner Mitspieler nicht so zum Erfolg wie das von Nash, Nowitzki oder Duncan mit deren jeweiligen Teams. Da es im Teamsport einzig und allein darauf ankommt, dass eine komplette Mannschaft eine andere besiegt, halte ich nach wie vor eine Titelvergabe an einen Spieler aus einem schlechteren Team für falsch, denn viele vergessen leider dabei zu schnell, dass etliche Spieler aus den besten Teams der Liga viel von ihrer Auffälligkeit opfern, damit ihre Mitspieler möglichst gut ins Spiel eingebunden werden. Es ist ja bei weitem nicht unrealistisch, dass z.B. Nowitzki Statistiken von 32+ppg / 10rpg / 4apg bei Quoten von 44/34/90 haben könnte, wenn das Spiel der Mavs komplett auf ihn alleine ausgerichtet wäre, aber wären sie damit als Team so gefährlich wie jetzt? Wohl kaum. Absurderweise wäre er aber so als Topscorer der Liga für viele der "verdientere" MVP als jetzt, da er individuell herausragen (oder gar seine Gegenspieler noch deutlicher als bisher "dominieren"
) würde und mehr Last tragen müsste. Ist dies noch im Sinne dieser Auszeichnung?
Genau aus diesem Grund bin ich ganz froh, wenn vor allem mystic sich Gedanken darüber macht, wie genau individuelle Leistungen unterschiedlicher Spieler zusammen mit deren jeweiligen Teamerfolgen miteinander zu vergleichen sind.