Ich wollte heute mal einen längeren Blick auf die U-Helden der Sommermeisterschaften wagen.
U20-EM. Deutschland erreichte ohne ganz große Talente einen sehr respektablen 6.Platz und hielt stets gut mit. Der Münchner G-F Benni Schröder (15ppg) konnte seinen Rost aus dem verschwendeten Jahr bei den Oklahoma Sooners schnell abschütteln. Nun könnte man natürlich darüber diskutieren, dass die Big 12 eine Nummer zu groß war und er dort scheiterte oder ob er unfair behandelt wurde. Er transferierte jedenfalls ne ganze Klasse runter in die Midmajor-Liga Atlantic 10. Wir kennen daraus Programme wie Dayton (Toppin), Davidson (Steph Curry) oder Rhode Island (Lamar Odom). Schröder nun bei immerhin 5ppg in 14mpg für das eher unbekannte George Wahsington, aber immerhin in der empfehlenswerten Großstadt Washington.
Als robuster Forward eine absolut verlässliche Größe in den Jugend-Teams: Michael Rataj. In der NCAA in der Pac 12 bei Oregon State leider ohne nennenswerte Rolle. Alleskönner, langgewachsener Guard und Legenden-Sohn Jacob Ensminger für Santa Clara in der WCC (u.a. Gonzaga) als Non-true-Freshman nach Verletzungsjahr zwar noch ohne gute Stats, aber mit viel Lob und absolut vielversprechend.
Nicht vergessen möchte ich natürlich noch Ulms PG Nunez, der bei der U20-EM 10/4/5/2s und 4t im Schnitt auflegte - enttäuschender 10. Auch ein Draft-Kandidat (2.Runde?)
Kurze Abschweifung aus dem riesigen NCAA-Fundus: Ebenfalls in der WCC: Loyola Marymount, wo sich aktuell 7-Footer Lars Thiemann, mit Berkely-Diplom in der Tasche als Super Senior, ordentlich beweist mit 9/6-Schnitt. Das Programm der Lions ist legendär. Paul Westhead, in den 80ern nicht nur Mathe-Lehrer, sondern auch Championship-Coach mit den Showtime-Lakers, konnte an der Großstadt-Uni seine Vision perfektionieren: "The System". Es wird demnach geshootet wie verrückt, Spieler werfen nur von ihren Sweetspots, FG% ist egal. Die Lions brachen alle NCAA-Scoring-Rekorde, die bis heute gelten: 122.4 ppg. Wahnsinn. Legendäre Siege, drakonische Niederlagen. Die LMU und Westhead waren für alles gut. Heutzutage muss man die LMU nicht mehr beachten. Immerhin hat Meeresblick vom Campus aus.
Für den NBA-Draft wesentlich interessanter ist natürlich die U18-EM. Der großartige MVP war Nikola Jokic äh Jovic äh Topic ! 18 Jahre, PG, 1,97m. Definitiv ein Top10-Prospect des kommenden Drafts. Für KK Mega Basket (wen auch sonst?) mittlerweile auch solide 31% Dreier, aber satte 3.1 TO. Das sind aber auch die einzigen Sorgen, dieses serbischen Edel-Talents.
Größtes Talent des Turniers war aber übrigens vielleicht Ivan Kharchenkov für Deutschland! Mit 16 Jahren und einem Frame, der Scouts freudig projizieren lässt, haute der 1,99m-SF satte 17ppg raus und führte Deutschland zu Bronze. Die Quarters vs. Griechenland ließen uns staunend zurück. Seine Zukunft ist ausschließlich die NBA. In der ProB aktuell 21ppg, in der BBL kaum eingesetzt. Verleiht ihn doch einfach, liebes FC Bayern.
Ähnlich talentiert: Christian Anderson Jr., der schon beim letztjährigen U16-B-Titel MVP wurde. Aktuell noch auf der legendären Oak Hill Academy (Melo, Rondo, Keldon Johnson,...) hat der kleine Scoring Guard immenses Potenzial, bereits comittet für Michigan.
Egal, Zukunftsmusik. Deutschland spielte super mit, obwohl die anderen Nationen stark besetzt waren. Überragend auch vom Silbermedaillengewinner Spanien der 7'3-Center (2,20m) Aday Mara, der sich nun beim NCAA-Rekordsieger UCLA erstmal hinter Adem Bona (1st Round Kandidat) anstellen muss (4ppg, unregelmäßige Einsätze). Der junge Mann ist sehr solide geskillt in Defense und Offense. Ein Lottery-Kandidat, aber seine Stocks sind eher grad am Fallen. Scheint so, als, ob er noch ein Jährchen unter Studenten bleiben sollte.
Natürlich hatte es Deutschland auch etwas einfacher, da man mit voller Power die EM zocken konnte, Frankreich und Spanien mussten sich etwas splitten... sie standen ja im Finale der U19-WM in Ungarn. Da war bspw. auch Usman Garubas kleinerer... viel kleinerer... Bruder (PG/SG) Sediq am Start. Noch viel interessanter Turnier-MVP Izan Almansa, PF mit 17ppg, der auf Jugend-Niveau AAAAALLLLES gewann, als Top10-Kandidat gilt und als erster Spanier für G League Ignite auflaufen wird. Spannend. Papa/Baba Miller (dünner sehr vielseitiger Forward) zeigte ebenso sein NBA-Potenzial und war vor allem in den wichtigsten Momenten da! Der Mallorquiner ist schon im zweiten Jahr bei den Florida State Seminoles - ein Programm absoluter Expertise. Weder er noch die Noles reißen aber aktuell Bäume aus, doch der 6'11-lange "Papa" hat ausgezeichnete Draft-Chancen. Spanien holte jedenfalls nach geilstem Overtime-Gewürge den Titel.
Frankreich, im Halbfinale noch USA bezwungen, war selbst krass besetzt. Der Talentenachschub reißt einfach nicht ab! Melvin Ajinca (19ppg) eine alseits bekannte Jugendgröße, dessen NBA-Potenzial aber - physisch bedingt - eher fragwürdig ist. Alexandre Sarr (jetzt in Australiens Liga mit 9/5 Schnitt) ist 7'1-Center, der so bisschen alles kann, aber noch nix richtig, gilt schon eher als Top5-Pick. Ich finde, zu hoch.
Schlagt mich tot, aber ich finde die Wing-Franzosen können immer noch nicht werfen. Mit Zacc Risacher kommt der beste Franzosen-Sniper seit Fournier daher. Sicherlich einer der interessantesten Shooter des Jahrgangs mit 2,06m, der einen zweiten Blick wert ist. Spielt noch in Frankreich bei nem unbekannteren Verein und damit nicht ganz großes Niveau. 13ppg im Eurocup immerhin. Weiß nicht, ob er ein Lottery Kandidat ist, wie ihn viele sehen.
Großer Erfolg auch für die in der Jugend doch eher gebeutelten Türken. Platz drei. War da wieder so ein verkanntes Genie wie Alperen Sengün dabei? Ich weiß es nicht. Berke Büyüktuncel wurde ins 1st-Team gewählt, ist nun Freshman bei UCLA und hat definitiv sehr gute NBA-Aussichten, wenn man seriös projiziert. Aber von Sengün, der evtl mal in der MVP-Diskussion dabei sein wird, ist er meilenweit entfernt. Trotzdem immer wieder schön, wie geskillt viele türkische Jugendspieler sind.
Jedenfalls holten die US-Boys nur Blech. Gut, die besten Jungs blieben fern. Kein Ron Holland (G League), Jakobe Walters (Baylor), Castle (UConn) oder Wagner+Dillingham (UK). Am besten war sicherlich Tobe Awaka von Tennessee. Der SO-Big von den Vols wurde Defense-Player des Turniers und sollte in den kommenden zwei Jahren die ehrenwerte Vols-Tradition (lies: übelstüberharte Defense hacken) fortführen. So geil er in Ungarn war, jetzt spielt er Garbage-Time. Mal sehen, ob der kleine Big es in die NBA als Roleplayer schafft.
Eigentlich bestand das komplette Roster aus Hinterbänklern oder Wannabees, bspw. US-Topscorer und 1st-Teamer Mark Armstrong, der irgendwie außer Selbstvertrauen (noch) wenig zu bieten. Ich mach Spaß, er ist ein guter Junge, sonst würde er nicht in Villanova spielen. Aber NBA? Strong NO! Auch stellt sich indes die Frage, was wir mit Omaha Biliew machen? Er galt ja u.a. als Lottery-Prospect. Gute Größe für einen Wing, interessante Ansätze. Aber weder in Debrecen, Ungarn (nur ein Spiel gut, aber das oho!) noch jetzt bei den Cyclones von Iowa State (einst Haliburton und Horton-Tucker) auch nur halbwegs relevant.
Am besten darf man wohl Dylan Harper einstufen, der mit jungen Jahren ordentliche Scoring-Guard-Skills aufzeigte. Noch auf einer Prepschool sind aktuell viele Top-Unis hinter dem designierten NBA-Spieler hinterher.
Ansonsten zeigte die WM einmal mehr wie auch die Basketball-Welt zusammenwächst. Aus Madagaskar, Japan, China auch endlich wieder aus Argentinien (war das ein Banchero-Klon?) kommen überall solide geskillte und athletische Jungs daher. Wow.
Wen habe ich vergessen oder unterschätzt?