Schach


desl

Supermoderator
Teammitglied
Beiträge
25.094
Punkte
113
Tag 7, Sonntag

Siebter Tag ... also jener mit den Partien, die es bei diesem Turnier noch nicht gab.

Mamedyarov stürmte auf Grischuk und dessen weiße Steine an. Beide hatten ein Dutzend Züge ... und schon einen Läufer und einen Springer weniger. Mamedyarov sorgte wenig später für eine Zugwiederholung deren Alternativen für weiß nicht so ratsam gewesen wären. Grischuk bezeichnete seine Eröffnung später zunächst als Disaster ... Mamedyarov war mit dem Remis zufrieden.

Ding spielte sein 7tes Remis in 7 Partien. Kramnik schien an einem Remis nicht sonderlich interessiert zu sein. Zur Mitte des Spiels gab er seine Dame ab ... im Gegenzug für einen Turm und einen Springer und für steigende Chancen seines Freibauern auf der b-Linie. Gleich darauf verschwanden die 4 Läufer und 2 weitere Springer vom Feld. Damit sah die Stellung recht ausgeglichen aus, da Kramnik einen Vorteil bei den Bauern hatte. Es folgten zahlreiche Züge in einem Marathon-Spiel und schließlich brachte Kramnik seinen h-Bauern bis zur Umwandlung ... was ihn jedoch den Turm und den Springer kostete. Mittlerweile hatte Liren einen Bauern mehr und Kramnik musste sich mit einem Remis begnügen, das er durch Dauerschach erzielte. Mit 6 Stunden spielte er erneut eine sehr lange Partie ... der Schach-Senior im Turnier sitzt insgesamt wohl am längsten am Brett ... ob das vielleicht zu viele Kräfte kostet?

Eine lange Zeit sehr ausgeglichene Stellung hatten So und Karjakin. Doch So vermanövrierte sich und nach 35. ... Ke8 und 36. Kb6 steckte der schwarze Turm in der Klemme. Das kostete So einen Springer und er gab dann auf, weil er im Bauernendspiel gegen den aufgerückten weißen König schlecht ausgesehen hätte.

Aronjan und Caruana spielten gegeneinander die Wiener Variante. Aronjan gilt da als Experte ... Caruana nicht (zwei Niederlagen, ein Remis).
Die Stellung bot durchaus Möglichkeiten ins Remis abzuflachen, aber nach zwei weniger glücklichen Tagen war Aronjan auf Angriff aus. Ab 16. g4 rückte Aronjan nach vorne. Er versucht am Königsflügel nach vorne zu preschen, während gleichzeitig Caruana am Damenflügel noch nicht weit entwickelt ist (Turm nicht aktiviert, Läufer noch hinten drin...).
Aronjan grübelte ne ganze Weile über seinen Angriff ... und zog ihn dann auch durch, während seine Zeit knapper wurde. Auf Kosten eines ganzen Turmes holte er sich zwei Freibauern auf der 6ten Reihe ... dem schwarzen König gegenüberstehend. Das brachte jedoch nichts mehr. Mit 32. Dh4 wäre Aronjan noch in ein Remis durch Dauerschach gekommen (wie er nach der Partie feststellt, aber in der Kürze der Zeit in der Partie kaum zu sehen), aber er spielt den Läufer auf c4. Aronjan gewinnt zwar dann nach Umwandlung seines g-Bauern den Turm zurück, aber das nützt nichts mehr ... Aronjans Angriff ist zu Ende und Caruana hat zwei ziemlich freie Bauern auf der vierten Reihe. Die kann Aronjan (nun unter arger Zeitnot) nicht mehr aufhalten und gibt auf.

Kämpferischer Einsatz von Aronjan, der es heute wissen wollte und dabei mit der "Wiener Variante" auch auf seinem Terrain war ... aber der Angriff hat sich nicht ausgezahlt und nun steht Aronjan (wie schon erwähnt, in der Partie gegen Grischuk noch mit Tuchfühlung zur Spitze) am Ende des Tableaus.
Caurana auf der anderen Seite führt nun allein mit 5 Punkten aus 7 Spielen.

Es sieht so aus als würde sich der Turniersieg zwischen ihm und Mamedyarov entscheiden.
 

desl

Supermoderator
Teammitglied
Beiträge
25.094
Punkte
113
Tag 8, Montag

In den ersten 5 Zügen der Partie zwischen Caruana und So in der russischen Verteidigung glich das Spiel dem Duell zwischen Kramnik und Caruana in der 4ten Runde. So spielte jedoch d3 statt den zweiten Springer rauszuholen, so dass die Springer noch eine Weile auf dem Brett verblieben. Zum Abtausch der Damen kam es aber auch hier (wie bei Kramnik-Caruana) recht schnell.
Caruana stand gut, doch nach Abtausch der ersten Türme stürmte So mit seinen Springern vor, um sich den d-Bauern zu schnappen, um dort eine gewisse Lücke für den eigenen Bauern zu schlagen. Um seine Springer jedoch zurück zu führen, musste So eine Qualität opfern und verlor seinen Turm gegen einen Läufer von Caruana. Seinen Mehrbauer konnte So nicht ausspielen. Den Bauern auf der d-Linie musste er mit Umwandlung zu Dame opfern, um Caruanas g-Bauern abzufangen. Um den auch nehmen zu können, musste er entweder Caruanas Turm von der 3ten Reihe ablenken, oder den Caruanas König weit genug weg bekommen, um ggf. mit dem Springer den G-Bauern zu nehmen. Das kostete So dann auch den b-Bauern. Mit König und Turm lässt sich gegen König und Springer nicht zwingend mattsetzen. Am Ende verschwanden dann auch noch Turm und Springer vom Feld und es waren nurnoch die Könige übrig ... logischerweise Remis.

Eine interessante Partie bot wieder einmal Levon Aronjan, doch nach und nach verschwanden die Figuren vom Brett und schließlich erzwang Ding ein Remis durch Dauerschach aus dem Aronjan nicht rauskam, ohne einen Bauern auf dem Königsflügel zu verlieren (was schmerzhaft geworden wäre). Ding bleibt damit bei den Remisen ... und damit auch im Mittelfeld des Tableaus.

Karjakin spielte gegen Mamedyarov ähnlich wie in der 5ten Runde gegen Caruana. Nach je 7 Zügen sah das Brett fast gleich aus wie in der vorhergehenden Partie. Mamedyarov reagierte etwas anders als Caruana, aber ansonsten entwickelte sich das im weiteren Verlauf ähnlich. Die Leichtfiguren wurden abgetauscht und diesmal verschwanden auch die Damen.
Schließlich bedrohte Karjakin mit seinem Turm abwechselnd den König und Mamedyarovs Bauern, was dieser mit seinem Turm abwehrte. Mamedyarov hätte auch seinen König ziehen können, aber so kam es zur Zugwiederholung und damit zum Remis.

Wer spielte wieder am längsten? Kramnik natürlich. In der ersten Partie hatte er Grischuk besiegt, der nun weiß hatte. Am Vortag war Grischuk nicht gerade glücklich, da er nachdenken musste, während Mamedyarov einfach nur seine Vorbereitung runter spielte (und so gerade mal 5 Minuten bis zum Spielende auf seiner Uhr verbrauchte).
Beim 13ten Zug nahm Kramnik nicht den Springer auf d4, sondern brachte seinen Läufer ins Spiel. Das brachte Grischuk einen Mehrbauern und nachdem er die Damen beseitigte, blieb nicht viel von Kramniks etwaigem Stellungsvorteil. Nach 24 Zügen waren zwei weitere Leichtfiguren gegangen und anschließend wurden die Figuren stundenlang über den Platz manövriert. Kramniks Läuferpaar stand mal auf a3, a4 ... und mal auf h1, h2.
Kramnik kam nicht wirklich voran ... er musste immer wieder seine Läufer aus der Gefahrenzone bringen. Grischuk hatte so langsam aber doch seine Bauern auf f4 und g4 vorgebracht. Der Druck auf Kramnik wurde so langsam größer. Hätte Grischuk 70. e6 gespielt, dann wäre der Bauer wohl durch gekommen ... womöglich mit Endspiel Dame gegen Turm und Läufer. Grischuk schlug hingegen, wonach wenig später beide einen Bauern weniger hatten und die Lage recht ausgeglichen aussah ... abgesehen von Grischuks Mehrbauern.
Doch da Kramnik beim 75. und 76. Zug nicht Lf3 spielte (Druck auf den g-Bauern), sondern stattdessen zwei Mal recht harmlos Schach gab, kam es dazu, dass Grischuk auf klarer Siegerstraße lag. Mittlerweile hatten ohnehin beide Spieler nurnoch wenig Zeit auf der Uhr ... das ähnelte schon fast einer Schnellschach-Partie und vielleicht war das der Grund, warum Kramnik Grischuks Gewinnmöglichkeit nicht sah. Er äußerte später auf der PK, dass er annahm, die Stellung werde ohnehin zum Remis führen. Kramnik konnte nun nicht mehr verhindern, dass Grischuk einen weiteren seiner Bauern abräumte. Nachdem Kramnik dann auch einen seiner Läufer für Grischuks Springer hergab, war der Sieg Grischuks quasi besiegelt. Kramnik konnte nicht verhindern, dass einer der beiden Bauern Grischuks durchgeht und musste somit nach der 7 Stunden dauernden Partie aufgeben.

Grischuk hat damit bei Sieg und Niederlage gegen Kramnik und dem zusätzlichen Sieg gegen So nun +1 und damit noch Tuchfühlung zu Caruana und Mamedyarov. Kramnik dagegen ist hinter den Remis-Spieler Ding in die untere Hälfte zurück gefallen. Er spielt zwar die spannendstens und wohl aufregendsten Partien bei diesem Turnier ... aber sein Risiko wird - wie auch bei Aronjan - nicht immer belohnt und hier und da schleichen sich nunmal auch Fehler ein (mehrere Situationen gegen Caruana, kein Txc1 gegen Mamedyarov, kein Bf3 gegen Grischuk), was ihm die drei Niederlagen einbrachte. Wie auch immer ... dass er die Wild Card bekommen hat ist durchaus gut, ohne den derzeit forsch spielenden Kramnik würde dem Turnier durchaus was fehlen. Er wäre übrigens für das Kandidaten-Turnier qualifiziert gewesen, wenn So das World-Cup-Halbfinale gegen Ding Liren gewonnen hätte.
 

timberwolves

Bankspieler
Beiträge
9.890
Punkte
113
Es ist doch leider inzwischen so, dass am Ende der bessere menschliche Schachcomputer gewinnt. Durch heutige Digitalisierung können Spiele viel besser gelernt werden, als zu einer Zeit wo alle nur Zettel und Stift hatten. Heute haben ja alle Zugriff auf unfassbare Datenbanken mit allen möglichen gespielten Spielen quer über Globus und Spielstärken hinweg.
Und selbst früher wurde doch von nicht wenigen und ziemlich einflussreichen Spielern bedauert, dass alle ihre Eröffnungen lernen, die sie dann mechanisch gegeneinander abarbeiten. Nicht ohne Grund galt ja 960 als die Zukunft des Schachs, weil dort noch Kreativität und Finesse und nicht Auswendiglernen im Vordergrund stehen (hat sich ja nicht wirklich durchgesetzt).

Ich meine ich gucke mir natürlich immer noch gerne Spiele an, um dann aber auch immer wieder festzustellen, dass die Spieler, die was wagen und auch mal was anderes probieren gegen die Carlsens und Caruanas im großen und ganzen immer chancenloser werden. Ich finde neben 960 inzwischen Schnell- und Blitzschach da eigentlich fast interessanter.
 

speedclem

Bankspieler
Beiträge
6.438
Punkte
113
Es ist doch leider inzwischen so, dass am Ende der bessere menschliche Schachcomputer gewinnt. Durch heutige Digitalisierung können Spiele viel besser gelernt werden, als zu einer Zeit wo alle nur Zettel und Stift hatten. Heute haben ja alle Zugriff auf unfassbare Datenbanken mit allen möglichen gespielten Spielen quer über Globus und Spielstärken hinweg.
Und selbst früher wurde doch von nicht wenigen und ziemlich einflussreichen Spielern bedauert, dass alle ihre Eröffnungen lernen, die sie dann mechanisch gegeneinander abarbeiten. Nicht ohne Grund galt ja 960 als die Zukunft des Schachs, weil dort noch Kreativität und Finesse und nicht Auswendiglernen im Vordergrund stehen (hat sich ja nicht wirklich durchgesetzt).

Ich meine ich gucke mir natürlich immer noch gerne Spiele an, um dann aber auch immer wieder festzustellen, dass die Spieler, die was wagen und auch mal was anderes probieren gegen die Carlsens und Caruanas im großen und ganzen immer chancenloser werden. Ich finde neben 960 inzwischen Schnell- und Blitzschach da eigentlich fast interessanter.

wobei ich da schon einen unterschied zwischen caruana und Carlsen sehe (auch wenn ich jetzt nicht mehr jede Partie nachspiele wie in den 90ern oder frühen 2000ern). Carlsen spielt für mich sehr "computermäßig", der quetscht seine Stellungen aus, spielt häßlich aussehende Züge, die auch ein rechner empfehlen würde. caruana, wie bei seiner siegesserie vor wenigen Jahren, spielt auch mal "klassisch" oder ansatzweise wie die alten Meister. topalow, dieser Bulgare, war ja ein Beispiel wie man mit kreativen angriffsschach an guten tagen die Weltelite aufmischen konnte. aber er wurde dann irgendwann "zu alt" für seinen Stil. bei tal zbsp vergisst man oft, dass der sich in den 70ern zu einem sehr guten positionsspieler entwickelte und so mal über einen längeren Zeitraum ohne Niederlage blieb.
topalow konnte sich nicht so umstellen.
mamedjarow ist noch ein Beispiel eines kreativen, risikofreudigen Angriffsspielers, obwohl seine beiden siege im kandidatenturnier eher geschenkt der Gegner waren, die er eiskalt nutzte...
aber ich sehe es ähnlich, das Schach, was mich interessiert, wurde eher früher gespielt.
960 hat mich aber nie so begeistert, ich liebe halt die Vielfalt der Eröffnungen. reti, aber auch spanisch, überhaupt die offenen spiele...
 

Sm0kE

The Magic Man
Beiträge
22.149
Punkte
113
Kommentar Nakamura zur heutigen Partie Caruana vs Ding und speziell der Phase vom 52. bis 64. Zug:

"The computer, as usual, shows what a bunch of clowns humans are at chess..."

Sprach die Nr. 7 der Welt. :D:laugh::thumb:
 

desl

Supermoderator
Teammitglied
Beiträge
25.094
Punkte
113
Tag 9, Dienstag

Die Partie zwischen So und Grischuk ... naja ... sie fand kaum statt. Grischuk wählte die Berliner Verteidigung und die ganze Zeit über fand sich eine sehr ausgeglichene Stellung, die später auch fast völlig symmetrisch war. So hatte nur knapp mehr als 10 Minuten von seiner Uhr verbraucht, Grischuk guckte - wie so oft - länger ins Brett hinein, fand aber nichts überraschendes.
Nach dem großen Schlagen auf dem Königsflügel hatten beide 7 symmetrisch stehende Bauern und jeweils einen Springer. Da ging nichts mehr.
Grischuk war anschließend glücklicher als nach seinem Sieg gegen Kramnik am Vortag ... weil er nach der Partie mit Kramnik einfach nur müde war.
Judit Polgar sprach Grischuk darauf an, dass er seine Partien hinterher mit dem Computer analysiere, Grischuk erklärte, dass er dazu auf chessbomb oder chess24 gucke (quasi auch gucken, was die Engine von den Zügen hielt usw.). Schon irgendwie interessant, dass ein Spitzensportler zur Analyse seines Wettkampfes auf die gleichen Mittel zugreift wie die Zuschauer. Wo hat man das sonst so?

Vor dem Spiel gegen Ding hatte Aronjan seinem Team versprochen "vernünftiges Schach" zu spielen ... und auch gegen Mamedyarov war er weniger offensiv, als z.B. in manch anderen Partien dieses Turniers. Mit 8. Se8 hätte Aronjan im Tausch gegen Bauer und Springer einen der schwarzen Türme kassieren können, aber er deckte lieber seinen Bauer und lies Mamedyarov fianchettieren. Se6 kam etwas später und führte zum Abtausch zweier Läufer und zweier Springer. Die Stellung blieb ziemlich ausgeglichen. Aronjan ärgerte sich später noch, dass er nicht 32. Ld4 gespielt hatte (damit hätte er den e-Bauern verteidigt) und stattdessen b3 zog, um zwei Türme aus dem Spiel zu nehmen, und um den schwarzen König mit Te1+ in ungeliebte Gefilde zu drängen (oder vielleicht gar den Springer zu gewinnen) ... aber er übersah wohl, dass der König nach e6 & d7 ausweichen konnte. Den Mehrbauern hatte Mamedyarov aber nur kurz ... und so kam es dann auch schließlich zum Remis.

Ausnahmsweise spielte Kramnik mal nicht die längste Partie ... aber er sorgte wieder für Spektakel. Das ging zunächst aber von Karjakin aus, der mit 9. h4 überraschte, wonach Kramnik lange grübelte. Er entschied sich für einen Abtausch der c-Bauern und spielte dann 11....f5, was so richtig Unruhe reinbrachte und seine Dame auf den Königsflügel brachte. Vom Material her gewiss noch ausgeglichen, aber Karjakin platzierte sein Läuferpaar hübsch und die schwarze Dame war nun etwas eingeschränkt. Kramnik hätte das vielleicht noch etwas auflückern können ... aber vielleicht hatte er nach den Marathon-Schlachten auch keine Lust auf eine lange Partie? 16...e5 war auch nicht gerade ideal, denn nach Karjakins 17. d5 wurde dessen Bauern zur größeren Bedrohung. Beide nahmen einen Springer und nachdem Karjakin auf f3 schlug, musste Kramnik zurück schlagen ... nur womit? Qxf3 hätte zum Abtausch der Damen geführt, aber durch Opfer der Qualität (Turm gegen weißen Läufer) hätte Kramnik den drohenden (cxb7) Bauern nehmen können. Nicht gerade angenehm ... aber vielleicht eher ein Remis.
Doch stattdessen schlug Kramnik mit dem Turm, was durchaus bedrohlich aussah, wenn er seine Läufer da noch ins Spiel gebracht hätte. Karjakin hätte nun 20. cxb7 den Läufer gewinnen können, aber vielleicht sah er Qb3 nicht. Denn hätte er dann den Läufer auf b7 mit seinem Turm geschlagen, so hätte er nach einem Turm-Opfer Kramniks aufpassen müssen, dass nicht der andere Turm und der verbliebene schwarze Läufer mit einspringen, um den ziemlich exponierten weißen König matt zu setzen. Qb3 hätte Schach gegeben, in Ruhe den Läufer schlagen können und beide schwarzen Türme wären bedroht gewesen ... ok, der Druck auf den weißen König wäre dagewesen, aber schwarz hätte den König nicht matt gesetzt, dieser hätte sich hinter die Läufer zurück ziehen können. Aber da kommen nunmal auch mehrere Züge zusammen und Karjakin wollte sicherlich nicht aus versehen ein Matt übersehen.
20. Le2 war da für Karjakin die sicherere Variante. Kramnik blieb dann nurnoch sein Turm-Opfer, wonach er aber immerhin den bedrohlichen c-Bauern nehmen konnte. Karjakin gab sich danach keine Blöße mehr. Für Kramnik hätte es laut Engine vielleicht noch Wege gegeben Material zurück zu gewinnen, aber die perfekten Züge fanden da beide nicht.
Karjakin igelte sich mehr oder weniger ein und verteidigte so seinen Materialvorteil gegenüber den drohenden Läufern. Letztlich waren Kramnik damit die Chancen entglitten und er gab auf.

Etwas überraschend war, dass Kramnik später nicht auf der Pressekonferenz war. Das lag daran, dass Aronjan-Mamedyarov wenig später endete, während Kramnik noch auf Karjakin wartete. Dadurch fand erst die Aronjan-Mamedyarov-PK statt und Kramnik hatte keine Lust mehr zu warten und verschwand ... nach 4 Niederlagen und 2 Remis in den letzten 6 Spielen wahrscheinlich auch ziemlich frustriert. Ob nun sein Preisgeld gekürzt wird bleibt abzuwarten ... so viel wird es wohl eh nicht werden, nach zwischenzeitlicher Turnierführung ist Kramnik mit So und Aronjan gemeinsamer Letzter.
Irgendwie schade ... Kramnik kämpft, bringt spannende Partien, sorgt gewissermaßen für Unterhaltung und Spektakel ... aber es wird nicht belohnt. Jede Kramnik-Partie dieses Turnier scheint interessanter zu sein als die meisten Partien von Ding Liren dieser Tage ... aber es nützt nix.



Zu Ding - Caruana komm ich später.
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
Beiträge
48.602
Punkte
113
Es ist doch leider inzwischen so, dass am Ende der bessere menschliche Schachcomputer gewinnt. Durch heutige Digitalisierung können Spiele viel besser gelernt werden, als zu einer Zeit wo alle nur Zettel und Stift hatten. Heute haben ja alle Zugriff auf unfassbare Datenbanken mit allen möglichen gespielten Spielen quer über Globus und Spielstärken hinweg.
Und selbst früher wurde doch von nicht wenigen und ziemlich einflussreichen Spielern bedauert, dass alle ihre Eröffnungen lernen, die sie dann mechanisch gegeneinander abarbeiten. Nicht ohne Grund galt ja 960 als die Zukunft des Schachs, weil dort noch Kreativität und Finesse und nicht Auswendiglernen im Vordergrund stehen (hat sich ja nicht wirklich durchgesetzt).

Ich meine ich gucke mir natürlich immer noch gerne Spiele an, um dann aber auch immer wieder festzustellen, dass die Spieler, die was wagen und auch mal was anderes probieren gegen die Carlsens und Caruanas im großen und ganzen immer chancenloser werden. Ich finde neben 960 inzwischen Schnell- und Blitzschach da eigentlich fast interessanter.

Die Computerhilfe hat die Schachwelt insofern verändert, als dass sich die Trainingsmöglichkeiten erheblich verbessert haben und sich viel grössere Datenmengen mehr oder weniger löcherfrei in den Analysen verarbeiten lassen. Bei der gratis App lichess, wo ich ab und an spiele genügt ein klick auf die Partieanalyse und Du siehst mehr oder weniger zuverlässig, wo Ungenauigkeiten, wo Fehler und wo "Patzer" drin waren. Wendest Du das konsequent an und bist lernfähig, steigerst Du mit sowas in Kürze Deine Elo um 100-200. Ein Fm geschweige denn mehr wirst Du alleine von dem eher nicht.

Fürs Schachspiel brauchst Du auch viel schachtechnisches Wissen, Du musst genau wissen, wie Du gegen Isolanis spielen musst, wie Du offene Linien nutzt, und auch Fachbücher wie Bronsteins Zürich 1953, Nimzowitschs mein System, oder Kasparovs Reihe meine grossen Vorgänger schaden nix. Du musst im Mittelspiel genau berechnen können, ob Du mit Deiner Variante "on time" bist und du musst die Läufer-, Springer-, Turm-, Bauern-endspiele aus dem ff kennen und die sind nicht selten äusserst kompliziert, da sie mitunter studienmässig sind und Du die Antworten kaum "am Brett" findest.

Allerdings ist folgendes spannend: Bei live Partien wurde (wird?) mitunter ohne Engines kommentiert und siehe da: die Bewertungen der Stellungen lag selbst vom Fachpersonal passabel daneben. Ich bin immer wieder mal belustigt, wie sich die Kiebitze bei 24chess die engines zu nutze machen und die Spieler kritisieren, wegen angeblich gepatzter Züge. Ich behaupte, mind. 95 % aller Kiebitze könnten in den meisten annähernd zweischneidigen Mittelspielstellungen nicht zuverlässig sagen, was da abgeht, geschweige denn wer besser steht. Nimm den Leuten die Engines weg und es ist passabel Ruhe. Früher soll es durchaus Partien gegeben haben, wo selbst "Experten" zunächst uneins waren, wer jetzt NACH Schluss einer Partie gewonnen habe, schlicht weil sie die Position nicht verstanden.:clown:

Wenn ein Kramnik nach seiner Glanzpartie behauptet, er habe 2 Jahre drauf gewartet, seine "Neuerung" zu bringen, glaub ich ihm das. Das hats aber immer schon gegeben. Auch als es noch keine Engines gab. Früher gabs mal einen Capablanca, der den Remistod verkündete. Wenn ich die 1:0 und 0:1 en dieses Turniers sehe, könnte ich die wohl vor 90 Jahren gemachten Feststellungen des Kubaners nicht bestätigen, trotz Computer....

Wenn man sich Namen der Blitzschachweltmeister mit den "regulären" Weltmeistern abgleicht, werden da nicht selten die genau gleichen Namen hochgespült, wobei hier die Ausnahmen nur die Regel bestätigen. Gute Spieler setzen sich eigentlich immer durch, egal ob mit kurzer oder langer Bedenkzeit.

Nigel Short hat mal behauptet, im Internet seinerzeit gegen Bobby Fischer gespielt zu haben und er sei fürchterlich zerzaust worden. Die Partien sind bekannt und ich habe sie nachgespielt. Es sind z.T. "fürchterliche" Eröffnungszüge "Fischers" dabei, die jeder Schachtheorie widersprechen. Trotzdem konnte selbst ein damaliger Spitzen GM diese damals nicht wirklich widerlegen. ich habe mal gehört, Fischer hätte sich distanziert, jemals diese Partien gegen Short bestritten zu haben und Short stützte im Wesentlichen seine "Fischer-Theorie" auf folgenden Fakt:
"The final proof came when Nigel asked his mysterious opponent: "Do you know Armando Acevedo?" (an obscure Mexican player). The response was immediate: "Siegen 1970." Fischer had played Acevedo in the Siegen Chess Olympiad of 1970."

Neuere Analysen der Partien deuten eher auf ein Chess-Engine hin, allerdings wird dieses Rätsel wohl nie abschliessend gelöst werden können.

Wenn ich höre wie selbst Spitzen-GMS aktuell dann und wann behaupten, sie wären nach 15 Zügen "out of the book" gewesen, bestätigt mir das eher, was ich schon lange vermute: in gewissen Varianten ist noch immer viel Platz für Innovationen und unerforschtes Land. Die Möglichkeiten im Schach sind derart komplex und vielfältig, dass ein menschliches Gehirn sowas nie allumfassend wird speichern können, ein compi aber schon.
Wenn ich in den letzten Jahren an all die vielen Neuerungen mit Tg8, Tg1, h4, g4 in den jeweiligen Systemen denke, ist das doch sagenhaft, was nur diese 4 Möglichkeiten alles hergeben, obwohl sich die Verteidigungen auch dank den Compis nochmal verbessert haben.
Eigentlich müsste man denken, dass es äusserst schwierig ist, für einen GM gegen einen anderen GM zu gewinnen, das vorliegende Turnier beweist eher das Gegenteil, selbst Ding Liren hätte eigentlich neulich verlieren müssen.

Allein schon deshalb wird Schach zwischen Menschen immer ein spannendes Spiel bleiben unabhängig von der Vorbereitung mit Computern.

Die Krux für die Spitzenspieler ist es eher, dass die Zuschauer die engines zur Verfügung haben und so über Wissensvorsprung verfügen und ziemlich zuverlässig WISSEN, wer gerade im Vorteil ist, was selbst Spitzenspielern mitunter überhaupt nicht so klar ist, wie immer wieder aus den Interviews hervorgeht. Wie oft hab ich von Danny King aber auch von Peter Svidler gehört: sagt die Engine, aber ein Mensch würde NIE so spielen!
 

desl

Supermoderator
Teammitglied
Beiträge
25.094
Punkte
113
Zu Ding - Caruana komm ich später.

Caruana und Ding spielten am Dienstag das längste Match des Tages ... und das hatte es durchaus in sich.
Ich finde ja, dass bei Caruanas Partien die Stellungen teilweise irgendwie ... chaotisch aussehen. Im 19ten Zug schickt Caruana seinen Turm tief in die gegnerische Stellung und Dings Drohung mit dem Springer beantwortet Caruana mit dem einzig sinnvollen Schritt, den Abtausch der Damen.
Dings weißer Läufer wandert dann über fast das komplette Brett und nach 24 Zügen sind Caruanas Figuren weit verstreut, aber keineswegs verloren oder auf sich allein gestellt.
Im weiteren Verlauf lief es dann für Caruana etwas besser als für Ding. Er brachte seine Bauern am Königsflügel nach vorne und seine Leichtfiguren nahmen das Zentrum ein. Einige Züge war Ding nur damit beschäftigt einen Platz für seinen weißen Läufer zu finden bzw. mit ihm auszuweichen. Der König zog umher, konnte aber auch nicht wirklich eingreifen. Caruana hatte eher die Initiative ... und versuchte Ding mehr oder weniger zu locken. Caruana versuchte Druck auf den e-Bauern auszuüben, doch Ding entdeckte mit 49...Se7 eine gute Antwort. Hätte Caruana den Bauern genommen, dann hätte Ding womöglich 50...Te8 gespielt und es wäre eine Fesselung entstanden, bei der Caruana sehr genau hätte schauen müssen, wo er seinen Läufer hin zieht, um nicht seinen Turm zu verlieren.
Caruana war davon überrascht, er meinte später er hatte Se7 übersehen und wusste damit erstmal nichts anzufangen. Stattdessen zog der seinen Läufer auf b2, wo er aber wenig später von Dings Turm bedroht wurde. Caruana wählte zur Verteidigung seinen Springer (Te2, La1, Le5 wären z.B. auch Varianten gewesen), was dazu führte, dass beide zwei gut aufgerückte mehr oder weniger freie Bauern hatten. Nach 54. e6 war Caruanas Bauer schon bedrohlich weit vorne. Ding hätte mit Se7 dessen Vormarsch aufhalten können, oder mit Lb4 oder Lb2 dem weißen Springer drohen können (dann hätte er nach e7 den Bauern nehmen können und für seinen eigenen Springer den weißen kassiert). Ding spielte aber Ta7 ... was den Bauer zwar aufhielt, aber Caruana konnte nun nach Sc5 und Sd7 den weißen Bauern vom schwarzen Turm abschirmen und nun war es schon schwer den weißen Bauern an der Umwandlung zu hindern, was Ding z.B. den Läufer gekostet hätte. Ding reagierte mit Lb5, was e7 verhinderte bzw. dann zu einem Abtausch mehrerer Figuren geführt hätte an deren Ende noch Dings Freibauer auf b4 bleibt.
Caruana hatte dann freilich andere Möglichkeiten ... z.B. seinen Turm nach e3 und dann f3 zu bringen ... dann hätte Ding womöglich verhindern müssen, dass er in seiner Ecke matt gesetzt wird.
Sf8 von Caruana kam in dem Moment eigentlich zu früh. Dings Antwort mit 58... Se7 war aber auch nicht ideal, Caruana hatte so weiter die Möglichkeit seinen Turm in Richtung d8 oder f7 zu bringen, weswegen die Engines hier klare Vorteile für ihn sehen. Aber das sind halt mehrere Züge am Stück die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Das eine Mal treibt weiß den schwarzen Läufer und den Turm umher, um zur f-Linie zu gelangen, oder der e-Bauer ist involviert in dem Sinne, das eine Leichtfigur gewonnen wird.
Nur ... wie lässt sich damit gewinnen? Der Computer mag zwar sagen, dass weiß klar im Vorteil ist, aber seinen Sieg erzwingen kann man nur schwer. Viele Wege führen dazu, dass weiß zwar Materialvorteil erlang, aber die meisten Gefahren lassen sich für schwarz abwehren. Kann schwarz diese und jene Figuren abtauschen, dann verschwinden womöglich noch ein paar Bauern und der Materialvorteil reicht nicht, um matt zu setzen. Klickt man sich in der Stellung bei chessbomb oder chess24 von Stockfish durch, dann kriegt man zwar mit "62. Td2 Se7 63. Sf8+ Kh8 64. Td8 Sg8 65. Sg6+ Kh7 66. e7 Txe7 67. Sxe7 Sxe7 68. Ta8 Lc2 69. Ta7 Sd5 70. Txg7+ Kh8 71. Tc7+ Sc3 72. Lxc3+ bxc3 73. Txc3" einen Weg zu sehen, der Weiß zum Gewinn führt ... aber wer soll sowas am Brett berechnen?
Caruana erhielt eine weitere Gewinnchance, weil Ding beim 64sten Zug nicht z.b. seinen Turm spielte, sondern den Bauern auf g5 schlug. Nachdem Caruana den Bauern mit dem Turm nahm, musste Ding Sf8 verhindern (durch Ta8, was ihm den Springer gekostet hätte, nachdem der Bauer auf e7 gegangen wäre). Mit Sd8 drohte er den Bauern zu nehmen, was Caruana dennoch mit Sf8 hätte beantworten können. Es folgt z.B. 66. ... Kg8 67. h6 Te7 68. Txg7+ Txg7 69. hxg7 Sxe6 70. Sxe6 und von da an müsste schwarz durchaus aufpassen. Aber ich glaube weiß gewänne dann.
Naja ... Caruana ärgerte sich später, dass er die Siegchance da nicht gesehen hatte (z.B. auch wenn es zu 67...Kxf8 gekommen wäre statt Te7 ... dann hätte 68. h7 kommen können und der Bauer wäre durch gewesen.

Wie auch immer ... er bleibt an der Spitze, wenn auch knapp. Ding verteidigt weiter seine Remis-Serie, auch wenn es wieder - wie schon gegen Grischuk - knapp war.
 

desl

Supermoderator
Teammitglied
Beiträge
25.094
Punkte
113
Tag 10, Donnerstag

Grischuk wollte vielleicht mit 10. a4 überraschen ... jedenfalls dachte er da ne Weile nach und Karjakin war dann auch länger am grübeln, bevor er Se4 spielte ... was Grischuk nachdenken ließ. ein paar Figuren verschwanden, bis Grischuk mit 15. e4 etwas Salz in die Suppe bringen wollte. Aber schon bald verschwand eine Figur nach der anderen und übrig blieb nur eine symmetrsiche Stellung die ein Remis erbrachte. Grischuk ärgerte sich hinterher ein bisserl, dass Karjakin dieses Turnier mit schwarz immer Remis spielt ("schwer zu besiegen) und mit weiß lediglich gegen ihn, Grischuk, eine Niederlage spielt ... sonst halt Siege oder Niederlagen. Vielleicht hat er sich deswegen einfach mehr Feuer in der Partie erhofft.
Grischuk bleibt dran an Mamedyarov und Caruana und hat noch Turniersieg-Chancen ... schließlich spielt er ja gegen beide nochmal.

Ding vs So ist nicht groß der Rede wert. Beide stellten sich gegenseitig vor keine großen Probleme, die Figuren standen quasi zum Abtausch bereit im Anschlag und ziemlich bald fiel ein Stein nach dem anderen. Nach 31 Zügen einigte man sich dann auf Remis.

Mamedyarov und Caruana trafen sich zu einem sehr spannenden Spiel, bei dem sich beide an einem Sieg interessiert zeigten ... schließlich hätte das die Vorentscheidung um den Turniersieg bedeuten können. Caruana brachte mit 8. ... e5 Würze in die Stellung. Ein Zug wie ihn Mamedyarov bei der Stellung schon gegen Ding Liren gespielt hat, er kennt ihn also durchaus.
Caruanas Wahl war gewissermaßen ein Risiko. Mamedyarov hatte zwar zwei Bauern mehr ... aber einen unterentwickelten Damenflügel, einen etwas schwach geschützter König und eine chaotische Bauernstruktur. Im weiteren Verlauf konnte Caruana zwar einen Materialvorteil erzielen (zwei Türme gegen Turm und Läufer), aber er rannte dem Bauernvorsprung hinterher, gerade auf dem Königsflügel hatte weiß nun eine angenehmere Bauernstruktur. Caruana blieb präzise und knabberte nach und nach Mamedyarovs Bauernvorteil weg, so dass am Ende noch die beiden Türme fielen und nurnoch die Könige verblieben.

Zusammen mit Mamedyarov galten Kramnik und Aronjan vor dem Turnier zu den 3 Favoriten ... aber mittlerweile waren beide (zusammen mit Wesley So) auf dem letzten Platz angelangt nach ein paar glanzvollen Siegen, aber auch bitteren Niederlagen.
Kramnik erklärte später, dass er eigentlich eine ruhige Partie spielen wollte ... eine sichere, ausgeglichene Stellung. Aber das gelang ihm nicht, auch weil Aronjan Feuer machte. Bei Ding wäre aus der Eröffnung heraus wohl nach 20 Zügen die Hälfte der Schwer- und Leichtfiguren vom Tisch gewandert ... bei Kramnik und Aronjan standen sich die Bauern gegenüber und warteten auf ihren Showdown.
Kramnik stand massiv aufgestellt am Königsflügel, Aronjan hatte viel Platz am Damenflügel. Kramnik 25. Sg6 leitete das Finale ein und hätte auch zum Materialnachteil für ihn führen können, den Aronjan möglichweise hätte ausnutzen können.
So langsam wurde es richtig heiß. Aronjans Bauer war von d5 auf dxe4, exd3 und d2 vorgerückt. Kramnik hatte mit einem Turmopfer eine Bresche geschlagen und einen Springer und den g-Bauern Aronjans aus dem Spiel genommen.
Aronjan sehnt sich nach der Umwandlung seines Bauern ... Kramnik steht auch voll auf Angriff und schwarz hat große Mühe das zu verteidigen. Wie schon im "Hinspiel" greift Kramnik auf der g-Linie an. Beide spielen anschließend die wohl jeweils besten Züge und schließlich droht Kramnik nach 36. De5 mit Abzugsschach, um Turm oder Dame zu gewinnen. Thf7 von Aronjan wäre eine Lösung gewesen und hätte einen Turm gekostet. Tg7 wäre ideal gewesen und hätte in ein Remis durch Dauerschach gemündet.
Doch die Zeit auf Aronjans Uhr war knapp ... zu knapp. Er schaffte es nicht rechtzeitig den Überblick über die Situation zu erhalten und spielte Dc7, um zu drohen, die (nach Abzug) Schach gebende weiße Dame zu schlagen. Doch dies erwies sich als schwerer Fehler. Nach Se8 kann schwarz die Dame nicht nehmen, denn sonst kommt sofort Txf8+. Der schwarze Läufer wirft sich noch dazwischen, bevor der Turm dann vom Läufer gedeckt Matt setzt.
Hätte schwarz die Dame nicht genommen so wäre es auch wenige Züge später vorbei gewesen ... was auch immer Aronjan noch hätte dazwischen werfen können ... Türme, Läufer, die Dame ... Kramnik hätte nehmen können und Aronjan festgenagelt.
Aronjan blieb damit nurnoch die Aufgabe.
Eine brisante Partie mit einem spektakulären Ende. Kramnik und Aronjan sind in diesem Turnier mit für die aufregendsten Partien verantwortlich, beinahe keine Überraschung, dass es zwischen den beiden zu so einem Feuerwerk kommt.
 

speedclem

Bankspieler
Beiträge
6.438
Punkte
113
heute übernahm karjakin mit einem großartigen sieg gg den bisher führenden und im Turnier ungeschlagenen caruana die Führung! seine 4 siege gg 2 Niederlagen sind eigentlich untypisch für den supersoliden russen, der wohl jetzt erst sein ganzes Potential langsam entfaltet, von daher sehe ich einen erneuten möglichen Titelkampf gg Carlsen gar nicht mehr so kritisch wie vor dem Turnier...
in der Partie "opferte" er den einen turm für den weißfedrigen Läufer des Amis, der mit schwarz spielte und sich danach unter positionellem dauerdruck wiederfand, dem er schließlich nicht standhielt. karjakin mit mehreren freibauern, die caruana nicht aufhalten konnte, ohne am anderen Flügel weiter potentielle freibauern entstehen zu lassen- starkes Schach von karjakin! wie er die russische Verteidigung von caruana, die ja als solide und remisbreit
bekannt ist, stück für stück zusammen schob, war beeindruckend. karpow style und mit dem nötigen Risiko.
Läufer g4 von caruana, nach dem das qualitätsopfer möglich war, war mmn der Knackpunkt. den Zug hätte er nicht spielen sollen.
ich bin gespannt, wie er sich davon erholt und ob er zur bisherigen stärke zurückfindet. beide haben jetzt 7 punkte.

kramnik hätte bei einem möglichen sieg gg so plötzlich wieder Chancen gehabt auf den Turniersieg! (wenn auch kleine bei nur noch zwei ausstehenden runden), da war ein Punkt drin! zwei freibauern und ein nackter ecken-König von so, aber zu wenig material und nicht immer die korrekte Fortsetzung. aber wieder spektakulär und risikofreudig. bis jetzt der senior einer der Spieler des Turniers, auch wenn er nun recht weit hinten liegt.
 

Tony Jaa

Bankspieler
Beiträge
22.464
Punkte
113
Carlsen vs Kramnik wäre stylewise das mit Abstand interessanteste Duell gewesen. Schade, dass Kramnik durch seine phasenweise Selbstzerstörung im Turnier seine Chancen so früh verspielt hat, obwohl irgendwie trotzdem noch etwas möglich gewesen wäre.
Caruana vs Carlsen wäre für mich der worst case. Caruana hat keine Chance, und die Spiele wären richtig langweilig.
Karajakin ist für Carlsen mMn der schwierigste Gegner, allerdings ist es bei so wenigen Spielen etwas öde, wenn 90% Draw ausgeht.

Gäbe es hier eigentlich Interesse an Spielrunden, vllt sogar ein kleines sportforen.de-Turnier. Ich bin nicht mehr wirklich gut, habe in der Schulzeit gerne gespielt, bevor mit der Pubertät andere Sachen wichtiger wurden. Habe durch den Spielerpool auf spiegel.de jetzt wieder gefallen daran gefunden gg Andere online zu zocken. So eine Runde wie beim Boxtippspiel, inklusive Trashtalk wäre doch ganz witzig. :D
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

speedclem

Bankspieler
Beiträge
6.438
Punkte
113
Caruana vs Carlsen wäre für mich der worst case. Caruana hat keine Chance, und die Spiele wären richtig langweilig.
Karajakin ist für Carlsen mMn der schwierigste Gegner, allerdings ist es bei so wenigen Spielen etwas öde, wenn 90% Draw ausgeht.

sicher nicht langweiliger als Carlsen-karjakin. caruana kann an einem guten tag Carlsen schlagen, wie er bereits bewiesen hat. zudem ist er sogar der jüngere mann und kann nochmal einen Sprung machen in seiner schachlichen Entwicklung.
kramnik hätte ich einen sieg nicht mehr zugetraut, auch aufgrund seines alters.
face to face hätte sicher aronjan in einem Carlsen match die besten Chancen, aber seine nerven versagen eben immer in der Qualifikation hierfür...
ein caruana in sinquefield cup form wäre für jeden ein Alptraum.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Young Kaelin

merthyr matchstick
Beiträge
48.602
Punkte
113
Karajakin ist für Carlsen mMn der schwierigste Gegner, allerdings ist es bei so wenigen Spielen etwas öde, wenn 90% Draw ausgeht.

Gegen Caruana hat Carlsen ganz gute Stats. Aber das muss nix heissen. Caruana hätte imo durchaus die tools, Carlsen ähnlich zu fordern wie Karjakin. Das war ja letzthin eine hauchdünne Sache zu Gunsten von Carlsen und wenn man sich die Partien anschaut, hätte das Karjakin imo eigentlich gewinnen müssen.

Der schwierigste Gegner für Carlsen ist..... Ian Nepomniachtchi. Der spielt zwar nicht im Turnier mit hat aber Carlsens Nummer. Carlsen hat noch nicht eine Partie bei regulärer Bedenkzeit gegen ihn gewonnen so wie ich informiert bin, dafür immerhin 4 Mal den kürzeren gezogen. Bei Rapid/Blitz ist die Bilanz meines Wissens ausgeglichen, was auch nicht viele fertig bringen.

Kein Wunder, dass Carlsen ihn mal als Sekundant im Team hatte, der weiss schon wieso.
 

speedclem

Bankspieler
Beiträge
6.438
Punkte
113
Gegen Caruana hat Carlsen ganz gute Stats. Aber das muss nix heissen. Caruana hätte imo durchaus die tools, Carlsen ähnlich zu fordern wie Karjakin. Das war ja letzthin eine hauchdünne Sache zu Gunsten von Carlsen und wenn man sich die Partien anschaut, hätte das Karjakin imo eigentlich gewinnen müssen.

Der schwierigste Gegner für Carlsen ist..... Ian Nepomniachtchi. Der spielt zwar nicht im Turnier mit hat aber Carlsens Nummer. Carlsen hat noch nicht eine Partie bei regulärer Bedenkzeit gegen ihn gewonnen so wie ich informiert bin, dafür immerhin 4 Mal den kürzeren gezogen. Bei Rapid/Blitz ist die Bilanz meines Wissens ausgeglichen, was auch nicht viele fertig bringen.

Kein Wunder, dass Carlsen ihn mal als Sekundant im Team hatte, der weiss schon wieso.

also da muss ich widersprechen: nepo sollte in einem match weniger Chancen haben als caruana oder karjakin. er hat Carlsen in den letzten Jahren in der tat paar mal besiegen können , aber das haben auch andere.
es gibt zbsp eine caruana Partie, wenn er da Sf5 gg Carlsen zieht, sind seine Chancen riesig, aber er sieht Gespenster und traut sich nicht... nepo hat derzeit sicher nicht die klasse, um sich im kandidatebnturnier durchzusetzen, und auch in einem match gegen Carlsen sehe ich ihn doch recht klar hinten.
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
Beiträge
48.602
Punkte
113
und wenn man sich genau anschaut, stimmt es auch nicht: https://2700chess.com/games?search=Nepomniachtchi,+Ian+vs+Carlsen,+Magnus

(OK, da ist auch rapid und anderes dabei, aber es hat seinen Grund, warum nepo nicht mehr in der absoluten Weltspitze ist und nicht mehr soviel regulären Partien gg Carlsen spielt)

nepo hat derzeit einfach nicht die klasse, um Carlsen herausfordern zu können.

naja, Carlsen vs. Caruana 9 zu 5, 16 draws
Carlsen vs. Karjakin 7 zu 2, 29 draws
Carlsen vs. Kramnik 6 zu 5, 15 draws
Carlsen vs. Aronian Levon 15 zu 11, 36 draws
Carlsen vs. So 4 zu 0, 8 draws
Carlsen vs. Svidler 1 zu 2, 12 draws
Carlsen vs. Nepo 0 zu 4, 4 draws

Carlsen vs. Chuky 8 zu 3, 16 draws
Carlsen vs. Anand, 10 zu 12, 51 draws
Carlsen vs Mamedyarov 5 zu 1, 8 draws
Carlsen vs. Giri 1 zu 1, 17 draws
Carlsen vs. Ding Liren 0 zu 0, 2 draws
Carlsen vs. Grischuk 4 zu 1, 10 draws
Carlsen vs. Vachier-Lagrave gar noch nicht gespielt? , huch
Carlsen vs. Nakamura 12 zu 1, 23 draws
Carlsen vs. Yu, Yangyi noch nie gespielt?, nochmals huch
Carlsen vs. Topalov, 8 zu 5, 10 draws
Carlsen vs. Radjabov 10 zu 4, 20 draws
Carlsen vs Jakovenko 4 zu 0, 2 draws
Carlsen vs. Wojtasczek 3 zu 1, 0 draws
Carlsen vs. Navara 1 zu 1, 4 draws

Fehler wie immer vorbehalten.


Ich meine es ist klar, dass Nepo unter jenen verweilt, die Carlsen eher nicht liegen. was man sagen kann ist höchstens, dass die Anzahl der gespielten Partien klein ist. Allerdings ist Nepo mitunter n seltsamer spieler am Brett und vielleicht liegt das Carlsen gerade nicht wirklich. Gibt n Ausschnitt eines Blitzgames (den Namen des Gegners hab ich vergessen) wo der Gegner ein Remis angebot ablehnt und Nepo sich bei fast jedem Zug über seinen Gegner lustig macht durch Körpersprache. Kurz: Nepo kennt Tricks, die nicht viele Spitzenspieler so anwenden und die durchaus jemanden aus der Bahn werfen können, der sich das nicht gewohnt ist. Dass Nepo Carlsens Sekundant war würde ihm in einem Match wie gesagt gegen Carlsen sicher nicht schaden.

Wie Nepo gegenüber anderen abschneidet spielt keine Rolle, es geht um die Chancen gegen Carlsen und da sieht für mich die Statistik gut für ihn aus und ist für mich die Beste von allen. Federer konnte mit Nalbandian auch lange nix anfangen, ehe er dann irgendwie doch noch den Schlüssel fand.

Erstaunlich auch, dass Anand noch immer ne positive Bilanz gegen Carlsen hat. Dass Svidler da eine positive Bilanz gegen Carlsen hat wusste ich auch nicht, Giri sieht auch nicht übel aus. und Kramnik hält auch gut mit.

Blitz und rapid ist ne andere Disziplin, trotz allem. Das kann ähnliche Resultate geben muss aber nicht.

Zudem gibts ein paar vielversprechende Junge, wo man noch abwarten muss wie die sich entwickeln.

allen voran wohl der Inder Rameshbabu Praggnanandhaa, vermutlich ein Jahrhunderttalent, 12 Jahre und schon über 2500 Elo. scary.

Ein Nordirbek Abdusattorov ist ebenfalls ein absolutes Supertalent, der wird imo die Spitze in 3-4 Jahren wohl gehörig aufmischen, wenn er überhaupt so lange braucht.

Bei den Deutschen ist mir nicht so ganz klar, wieso über Vincent Keymer nicht mehr berichtet wird. Dem fehlt nicht mehr viel zum GM und der ist auch nichtmal 14.

Wei Yi ist gerade mal 18 und hat 2734 Elo

Vorausgesetzt, die Jungen bleiben gesund und sind weiterhin so schachbegeistert, drängt da eine tolle Generation nach.

Insgesamt enorm viele sehr sehr junge Talente, die das Zeug haben, den alten Arrivierten das Leben schwer zu machen. Carlsen ist imo nicht mehr so unantastbar, wie er das mal war.
 
Zuletzt bearbeitet:

speedclem

Bankspieler
Beiträge
6.438
Punkte
113
9-5 klingt auf den ersten blick krass, wenn man aber bedenkt, wie knapp es in manchen der Duelle zuging, könnte es auch locker 8-6 stehen, oder 7-7. ich erinnere an eine Partie, da bekommt caruana einen tollen angriff am königsflügel, muss nur noch Sf5 (der typische zur im Spanier) spielen und Carlsen wäre fast sturmreif gewesen, caruana bekommt angst vor der eigenen Courage, spielt ein paar abwartende Zuge und seine Stellung fällt irgendwann auseinander...
in einem match sieht das eh alles anders aus, da sagen Einzelparteien jetzt nicht alles. Nepo ist ein super kreativer spielen, aber ob er Carlsen in einem match Paroli bieten könnte... schwer zu sagen, aber er kommt ja momentan nicht mal in die nähe eines Zweikampfes, da er sich nicht fürs kandidatenturnier qualifiziert.
karjakin hatte ja auch beste Chancen in dem match gg Carlsen, trotz der schlechten Bilanz... Caruana traue ich viel zu in einem direkten match.
ich hoffe er machte heute, wird schwer. mit schwarz, und ein halber Punkt könnte Zuwenig sein, gewinnt karjakin gg ding (was auch nicht einfach ist)
Kaymer, richtig, diesen talent! der könnte irgendwann mal der erste deutsche Super-Großmeister werden...
 

desl

Supermoderator
Teammitglied
Beiträge
25.094
Punkte
113
Carlsen vs. Vachier-Lagrave gar noch nicht gespielt? , huch

Näääh ... da dürfte ne Lücke sein.
Die beiden haben z.B. beim Grenke Chess Classic 2017 gegeneinander gespielt.
2018 (also in ein paar Tagen) nehmen auch beide wieder an dem Turnier teil.

Pattrick Bittner Erffnungszug.JPG
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
Beiträge
48.602
Punkte
113
Sagenhafter Erfolg für Vincent Keymer beim Grenke Chess Open 2018.

http://grenkechessopen.de/de/a-open

https://de.chessbase.com/post/13-jaehriger-stiehlt-carlsen-die-show

1. Rang und äusserst namhafte GMS hinter sich gelassen. Eigentlich unfassbar diese Leistung.


xxxxx

Mit einer Turnierleistung von 2800 Elo-Punkten lässt Vincent Keymer 49 Großmeister hinter sich.

xxxx

um das einordnen zu können:

1 Carlsen, Magnus g NOR 2843 0 1990
2 Mamedyarov, Shakhriyar g AZE 2814 14 1985
3 Caruana, Fabiano g USA 2804 14 1992

weltweit haben gerade 3 Spieler mehr als 2800 Elo..... :panik::panik::panik:

natürlich ist das ein Ausreisser nach oben, aber Keymer ist schon ne Bombe.


http://www.chess-international.de/archive/87214


 
Zuletzt bearbeitet:

Young Kaelin

merthyr matchstick
Beiträge
48.602
Punkte
113
Endlich ist es wieder soweit:

Es wird wieder um die Schachweltmeisterschaft gespielt:

Der "Mozart" des Schachs, der Norweger Magnus Carlsen, vermutlich der beste Schachspieler, welcher die Welt je gesehen hat, spielt gegen seinen amerikanischen Herausforderer mit italienischen Wurzeln, Fabiano Caruana, um die Schachweltmeisterschaft.

Morgen, den 9. November, gehts mit der 1. Partie los.

Bin nicht sicher, ob die Live-Uebertragungen kostenlos zu sehen sind.

Normalerweise sind die Partien aber hier gratis mit Kommentar live zu sehen: https://chess24.com/de/wcc2018

Werde mich morgen schlau machen und allenfalls links posten, wenn ich denn was finde.


Als Einstimmung hier noch ein paar Links:

https://www.sport1.de/mehr-sport/20...eitplan-modus-and-infos-zu-carlsen-vs-caruana

https://de.wikipedia.org/wiki/Schachweltmeisterschaft_2018

https://www.welt.de/sport/article18...ordert-den-Koenig-des-Brettspiels-heraus.html

 
Zuletzt bearbeitet:
Oben