Schach


Young Kaelin

merthyr matchstick
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Nun, leider konnte die Chinesin nicht durchziehen und musste mit Fortschreiten des Turniers doch etwas Federn lassen.

Das Schlussergebnis:

Aronian 5.5/7, Carlsen und Caruana 4/7, Naiditsch, Hou Yifan, Vachier-Lagrave 3.5, Bluebaum und Meier 2.

Für den sympathischen Armenier Aronian zweifellos ein toller Erfolg. Dem Weltmeister Carlsen gleich 1 1/2 Punkte abzunehmen ist nicht selbstverständlich. Für die Chinesin Hou Yifan wird es wohl darum gehen, sich mal deutlich über die 2650 Elo-Grenze zu hieven und den Anschluss an die absolute Weltspitze herzustellen. Ob ihr das jemals gelingen wird? Ich würds ihr gönnen.
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
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http://de.chessbase.com/post/garry-kasparov-spielt-wieder

mittlere Sensation in der Schachwelt. Der neben Bobby Fischer und Magnus Carlsen 3. Kandidat auf den Titel als bester Schachspieler aller Zeiten, Garry Kasparov, wagt ein Comeback. Er wird nur das "St. Louis Rapid und Blitz" bestreiten, wo Magnus Carlsen nicht antritt.

Trotzdem ist das vorerst einmalige Rückkehren Kasparovs unter Turnierbedingungen durchaus erstaunlich. Vor allem auch, wenn man bedenkt, dass es sich Kasparov offenbar vorbehält, danach wirklich wieder ins Turnierschach einzusteigen.

Die Quelle chessbase betrachte ich als seriös.

Das St. Louis Rapid und Blitz findet vom 14.-19.8.2017 statt.
 

Sm0kE

The Magic Man
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???

Er hat das letztes Jahr schon mitgespielt. Kannst du dir angucken, Partien sind alle online. Fand sein Ergebnis auch sehr gut, in Anbetracht seiner langen Wettkampfpause und dem hohen Niveau der Gegner, die ja allesamt zur Weltspitze zählen.

Aber natürlich super, dass er es dieses Jahr wieder spielt. Werde ich mir sicher angucken. :):thumb:
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
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Der war bestimmt auch ein sehr guter Schachspieler. Aber unter den ersten 3en seh ich ihn nicht. Da wären imo Morphy, Aljechin, Tal, Karpow und Capablanca noch eher zu nennen.

glaube, von den meisten "Schachexperten" würden Carlsen, Kasparow und Fischer als beste 3 genannt, obwohl man da wie gesagt auch andere Namen nennen kann.

- für Fischer spricht, dass er sozusagen als "Einzelkämpfer" ein ganzes Schachsystem besiegt hat. Er gilt als Autodidakt, der sich grösstenteils mit (sowjetischer) Schachliteratur weitergebildet hat und enorm innovativ war. Zudem waren Kurzremisen seine Sache nicht.

- für Kasparow spricht seine relativ lange Dominanz und ein Schachverständnis am allerobersten level. Er hatte imo den leicht spektakuläreren Schachstil als Fischer, hat aber sehr von früher staatlicher Förderung und auch schon von Compis profitiert.

- Carlsen ist noch am Spielen, weshalb hier ein abschliessendes Urteil nicht erfolgen kann. Vermutlich ist er der kompletteste von allen. Hier fliesst auch die Compihilfe deutlich stärker mit rein als bei Kasparow. Fischer hatte keine Compihilfe, der hat die Züge noch selber gefunden.

- Lasker war ein grosser Schachweltmeister, keine Frage.

Er hat den grossen Steinitz abgelöst und die Krone sehr lange verteidigt. Hat auch viele Turnier gewonnen. Ihm hängt einfach der Makel an, dass er partout nicht gegen Capablanca (und auch nicht gegen Akiba Rubinstein) spielen wollte. Sein Schach gilt nicht als übermässig spektakulär war aber grundsolide, war ein Verteidigungskünstler und im Endspiel hat er bleibendes hinterlassen. ihm hängt auch das lt. Hübner eher unbewiesene Vorurteil an, gegen Gegner bewusst schwächere, aber für diesen unbequeme Züge gewählt zu haben. Nicht selten hatte Lasker auch ganz einfach Glück, man schaue sich nur die entscheidende Partie gegen Schlechter an. Die Schachhistoriker können sich bis heute nicht einigen, ob Schlechter 2 Punkte Vorsprung haben musste oder nicht. Jedenfalls hatte er einen Punkt Vorsprung vor der 10. und letzten Partie, stand auf Gewinn, verdarb ihn, konnte dann auch ein klares remis nicht retten und verlor, worauf das match 5:5 ausging. Zu der damaligen Zeit war das wie gesagt noch möglich, einen Herausforderer jahrelang zu ducken (später hat das auch Aljechin mit Capablanca abgezogen, nachdem er von ihm den Titel eher überraschend stiebitzen konnte.)
 

speedclem

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Der war bestimmt auch ein sehr guter Schachspieler. Aber unter den ersten 3en seh ich ihn nicht. Da wären imo Morphy, Aljechin, Tal, Karpow und Capablanca noch eher zu nennen.

glaube, von den meisten "Schachexperten" würden Carlsen, Kasparow und Fischer als beste 3 genannt, obwohl man da wie gesagt auch andere Namen nennen kann.

- für Fischer spricht, dass er sozusagen als "Einzelkämpfer" ein ganzes Schachsystem besiegt hat. Er gilt als Autodidakt, der sich grösstenteils mit (sowjetischer) Schachliteratur weitergebildet hat und enorm innovativ war. Zudem waren Kurzremisen seine Sache nicht.

- für Kasparow spricht seine relativ lange Dominanz und ein Schachverständnis am allerobersten level. Er hatte imo den leicht spektakuläreren Schachstil als Fischer, hat aber sehr von früher staatlicher Förderung und auch schon von Compis profitiert.

- Carlsen ist noch am Spielen, weshalb hier ein abschliessendes Urteil nicht erfolgen kann. Vermutlich ist er der kompletteste von allen. Hier fliesst auch die Compihilfe deutlich stärker mit rein als bei Kasparow. Fischer hatte keine Compihilfe, der hat die Züge noch selber gefunden.

- Lasker war ein grosser Schachweltmeister, keine Frage.

Er hat den grossen Steinitz abgelöst und die Krone sehr lange verteidigt. Hat auch viele Turnier gewonnen. Ihm hängt einfach der Makel an, dass er partout nicht gegen Capablanca (und auch nicht gegen Akiba Rubinstein) spielen wollte. Sein Schach gilt nicht als übermässig spektakulär war aber grundsolide, war ein Verteidigungskünstler und im Endspiel hat er bleibendes hinterlassen. ihm hängt auch das lt. Hübner eher unbewiesene Vorurteil an, gegen Gegner bewusst schwächere, aber für diesen unbequeme Züge gewählt zu haben. Nicht selten hatte Lasker auch ganz einfach Glück, man schaue sich nur die entscheidende Partie gegen Schlechter an. Die Schachhistoriker können sich bis heute nicht einigen, ob Schlechter 2 Punkte Vorsprung haben musste oder nicht. Jedenfalls hatte er einen Punkt Vorsprung vor der 10. und letzten Partie, stand auf Gewinn, verdarb ihn, konnte dann auch ein klares remis nicht retten und verlor, worauf das match 5:5 ausging. Zu der damaligen Zeit war das wie gesagt noch möglich, einen Herausforderer jahrelang zu ducken (später hat das auch Aljechin mit Capablanca abgezogen, nachdem er von ihm den Titel eher überraschend stiebitzen konnte.)

also morphy würde ich, da 19.jhrd, NICHT in die top 3 setzen, das Schach war damals noch quasi in den Kinderschuhen, bestimmte Erkenntnisse setzten sich erst später durch, es gab weniger flächendeckende spielstärke, die meisten, so auch Andersen, hatten berufe etc.
Fischer an 1, da lässt sich mmn wenig dann deuteln. diese Dominanz innerhalb weniger Jahre, als er alle schlug und zum teil deklassierte, war beeindruckend und so noch nie dagesessen. ein aljechin rang einen Casablanca nach hartem Kampf nieder, gab ihm nie ein rematch, verlor nach dem wm noch etliche mal in turnierpartien gg ihn, verlor gg euwe den Titel etc. dennoch einer der allergrößten, ein Genie.
an 2 mmn kasparow, weil ein begnadeter Angriffsspieler, ein absoluter knockouter und anders als der genialische tal, spekulierte er wenig und baute seine angriffe auf absoluter stellungskontrolle auf.
an 3 würde ich heute noch karpow setzen. absoluter Techniker und brillanter positionsspieler, lange wm, mit kasparow auf Augenhöhe bis 90 (siehe das unentschieden im 87er match, wo er karpow in der letzten Partie besiegt und den Titel rettet).
Carlsen ist bärenstark, aber ich halte ihn für überschätzt, was seine rolle im ATG Bereich angeht. er findet einen weg, die Gegner in teils ausgeglichenen Stellungen so lange zu "kneten", bis er irgendwie einen mini Vorteil rausgequetscht hat und dann gewinnt. Carlsen hat dieses Jahr einige krachende Niederlagen erlitten und ich glaube, dass sowohl ein caruana als auch ein Devon aronjan (dem die zeit davonläuft) ihn in einem match schlagen könnten

ps noch zu schlechter: doch man ist sich heute einig, dass es keine 2 punkte waren, sondern nur einer! schlechter wollte aber beweisen, dass er den Titel verdient gewinnt und nicht nur durch einen Zufallstreffer, da ja alle anderen Partien Unentschieden ausgingen. in der 10. stand er aber nicht wirklich auf gewinn, aber ein unentschieden konnte er, bis er alle Brücken hinter sich abbrach und dann noch einen schweren Fehler beging, immer erreichen durch ein dauerschwach. (als quelle ein band von kasparow aus seiner Serie "meine großen Vorkämpfer" wo er sich eigehend mit dem match beschäftigt und der letzten Partie)
 
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Young Kaelin

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in der 10. stand er aber nicht wirklich auf gewinn, aber ein unentschieden konnte er, bis er alle Brücken hinter sich abbrach und dann noch einen schweren Fehler beging, immer erreichen durch ein dauerschwach. (als quelle ein band von kasparow aus seiner Serie "meine großen Vorkämpfer" wo er sich eigehend mit dem match beschäftigt und der letzten Partie)

ich sollte irgendwo noch das buch von kasparow auf einer diskette haben. die partie hab ich gerade nochmal nachgespielt und... war erstaunt:

der compi gibt mir da nirgendwo einen klaren vorteil für schlechter.... im gegenteil: es ist wohl genauso wie dus sagst.

der compi sieht jedenfalls fast durch die ganze partie durch immer weiss im vorteil, wenn ich das richtig seh. wahrscheinlich war Schlechters 35. Txf4 der entscheidende bock. der compi spukt mir Td8 als besser aus. Da gibts wohl nix anderes, als kasparow nachzulesen.

bei einem Quiz hätte ich ohne Joker auf die Version mit Vorteil Schlechter, dann remis dann Verlust gesetzt. Die offensichtliche Mär hatte ich im Gedächnis so abgespeichert, weil hier und dort gelesen. Einer ueberprüfung hält das nicht stand, da geb ich Dir Recht. :thumb:.
 

speedclem

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ich sollte irgendwo noch das buch von kasparow auf einer diskette haben. die partie hab ich gerade nochmal nachgespielt und... war erstaunt:

der compi gibt mir da nirgendwo einen klaren vorteil für schlechter.... im gegenteil: es ist wohl genauso wie dus sagst.

der compi sieht jedenfalls fast durch die ganze partie durch immer weiss im vorteil, wenn ich das richtig seh. wahrscheinlich war Schlechters 35. Txf4 der entscheidende bock. der compi spukt mir Td8 als besser aus. Da gibts wohl nix anderes, als kasparow nachzulesen.

bei einem Quiz hätte ich ohne Joker auf die Version mit Vorteil Schlechter, dann remis dann Verlust gesetzt. Die offensichtliche Mär hatte ich im Gedächnis so abgespeichert, weil hier und dort gelesen. Einer ueberprüfung hält das nicht stand, da geb ich Dir Recht. :thumb:.
ich habe das jetzt auch nur aus dem kopf behauptet, hatte das bei kasparow so gelesen, gut dass dus nochmal nachgespielt hast.
allerdings sah schlechters angriff schon sehr gefährlich aus, und die Zeitgenossen und auch spätere Analytiker sahen ihn meist auf der siegerstraße, was aber kasparow und andere widerlegten. da sieht man auch wieder mal die "macht" der computer. ich liebe diese alten Partien und Geschichten.
 

Young Kaelin

merthyr matchstick
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zur Schande von Riad:

1) http://www.chess-international.de/archive/82106

zur Schande von Riad:

2)http://www.hindustantimes.com/other...bia-tourney/story-teKAhpYsS1cfRGnlsPRLgL.html

endlich mal eine, die sich wehrt. Gibt ihre WM-Titel ab aufgrund ihrer Ueberzeugungen. Bravo Anna Muzychuk. Respekt. :thumb:


"However, the event got mired in controversy even before its commencement as Israeli chess players were denied visas.

Earlier, Saudi Arabia’s top cleric, Grand Mufti Sheikh Abdulaziz Al Sheikh, had said in 2016 that chess is “forbidden” in Islam because it wastes time and can lead to rivalry among players.

Similarly, top Iranian clerics had also discouraged the country from hosting the game, saying it could lead to gambling, which was not permissible in Islam."

ist ja ein toller Kleriker-Haufen da unten. :mensch:
 

desl

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Verfolgt jemand von euch das WM-Kandidatenturnier das derzeit in Berlin stattfindet?

"Senior" Kramnik kann bislang auftrumpfen und hat mit Siegen gegen Grischuk und Aronjan (mit den schwarzen Steinen) derzeit nach drei Tagen mit 2,5 Punkten die Führung inne. Dahinter liegen Caruana und (der als Mit-Favorit gehandelte) Mamedyarov, die ihre Auftakt-Partien gegen So bzw. Karjakin gewinnen konnten. Caruana und Mamedyarov trennten sich gestern Unentschieden. Caruana hatte zeitweise die etwas bessere Stellung, aber er geriet etwas in Zeitnot und konnte den Vorteil nicht ausnutzen.

Heute ist Ruhetag und morgen treffen u.A. Kramnik und Caruana aufeinander.
Mamedyarov trifft auf So, der derzeit auf dem letzten Rang liegt, aber auch das Turnier zwei Mal mit schwarz hintereinander beginnen musste.
Grischuk und Ding Liren haben beide 1,5 Punkte und spielen morgen gegeneinander.
Das vierte Duell morgen ist dann Karjakin gegen Aronjan (beide 1 Punkt)
 

Sm0kE

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Ja!

Das lasse ich eigentlich nie aus, das Niveau ist schlicht zu gut, man lernt immer wieder so einiges dazu. Frage mich allerdings, was mit Aronian los ist, den hatte ich eigentlich weiter vorne erwartet.
 

Sm0kE

The Magic Man
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:crazy::crazy::crazy:

Da kann man mal sehen, dass selbst GMs diesen Levels in Zeitnot die übelsten Klopper bringen. Oder einfach komplett schlachblind sein können, siehe Grishuk vs Ding und 21. ... gxf4 22. Rxf4 .. Züge, die ich auf Anhieb sehe (wie hier Bh4+ :eek:), sollte man als GM schon sehen dürfen. :D

Und die sehen es beide nicht. Der eine sieht die Gefahr nicht, und der andere dann den offensichtlichen Zug nicht. :crazy::laugh:

https://www.chessbomb.com/arena/2018-fide-berlin-candidates/04-Grischuk_Alexander-Ding_Liren

Caruana hingegen war im 33., als er den vorentscheidenden Zug übersieht, wodurch Kramnik überhaupt erst nochmal in die Partie zurückkommt, immerhin in totaler Zeitnot mit nur noch 2 Minuten auf der Uhr. ;)
 

speedclem

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ich hoffe auf caruana oder aronjan (der wohl langsam ins rollen kommt...)
kramnik ist immer noch richtig stark und kann mit Anfang 40 eine gewaltige Erfahrung einbringen, ich erinnere mich an ihn, als er anfang/mitte der 90er mit langen haaren und riesenbrille als shootingstar auftauchte... ABER: einen matcherfolg gg Carlsen traue ich ihm dennoch nicht mehr zu... (finde übrigens 12 Partien für eine wm immer noch viel zu kurz, die 24 damals waren schon gut, das waren epische schlachten, die sich über Wochen hinzogen, häufig in 2 Städten)
eine Paarung marmedsharow vs Carlsen wäre auch reizvoll, der marmeladov ist ja ein offensiver Angriffsspieler mit fantasievollen Ideen...
ABER: eigentlich traue ich nur aronjan (die nerven!!) und caruana zu, den champ zu entthronen.
caruanas Leistung im sinquefield cup 2014(?) ist vllt das beste turnierergebnes eines "Super-Großmeisters" EVER!
 

desl

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3 sehr interessante Partien gestern.

1 weniger interessante.
Bei Mamedyarov kams schnell zum Abtausch der Figuren und nachdem die Damen aus dem Spiel waren, war die Sache gegessen.

Aronjan gegen Karjakin hatte durchaus was für sich. Nachdem Aronjan mit seinem Springer den e4-Bauern nam, hatte er zwei Bauern mehr auf dem Feld. Karjakin konnte diesen Abstand um einen Bauern verkürzen, als es zum Abtausch der Damen und Läufern kam, aber nachdem sich Karjakin entschied den schwarzen Bauern auf e3 nicht zu nehmen sah es für ihn bald dennoch recht düster aus. Aronjan hatte letztlich drei Bauern bei ansonsten noch jeweils einem Turm auf dem Feld ... da konnte Karjakin dann irgendwann nicht mehr siegen. Der Sieger des Kandidatenturniers 2016 liegt damit jetzt schon ziemlich weit hinten.

Grischuk gegen Ding fand ich eine sehr spannende Partie. Grischuk opferte früh einen Springer, aber der andere störte mitten in Dings Stellung. Dessen Läufer fanden kaum Platz und es wirkte als sei Grischuk gut auf die Stellung vorbereitet ... während Ding während des Spiels deutlich länger zu grübeln hatte. Letztlich bekam Ding seinen König aus der Gefahrenzone rüber zum Damenflügel und nach manch Figurenabstausch entknotete sich die Stellung. Später wurde es etwas eng für Grischuk, weil Ding einer Figurenumwandlung nahe kam, aber Grischuk konnte c1 verteidigen bis nach und nach die Damen und Türme vom Platz verschwanden. Letztlich blieb eine Stellung, bei der keiner einen Freibauern hätte ins Ziel bringen können.

Kramnik gegen Caruana war das erwartete Highlight. Die Damen waren schnell aus dem Spiel, aber die beiden steuerten nicht auf ein Remis zu. Beide konnten ihre Bauern weit nach vorne bringen und Kramniks Stellung gefiel mir etwas besser. Caruana hatte zeitweise sich um weiße Bauern auf a7 und d7 zu kümmern. Einen der Bauern wandelte Kramnik um, was Caruana einen Turm kostete. Doch in der Folge piesackte Karuana mit seinem Springer und dem verbliebenen Turm Kramniks König und attackierte einen der weißen Türme. Als Kramnik mit seinem Turm auf e1 und danach auf d1 auswich, konnte sich Caruana diesen Turm schnappen. Die an der Stelle drohende Umwandlung des h-Bauern von Caruana sorgte dann letztlich für die Entscheidung. Womöglich hat Kramnik in dem Spiel gute Chancen liegen gelassen. Ich hab nicht das ganze Spiel live gesehen und dachte eher, dass Caruana um ein Remis wird kämpfen müssen. Nun hat er noch den Sieg rausgeholt und damit die alleinige Führung im Turnier.
Durchaus etwas überraschend, galt Caruana (nach einem etwas durchwachsenen 2017) nicht unbedingt als Turnier-Favorit (eher Kramnik, Aronjan und Mamedyarov).


Heute in der fünften Runde:

Die punktgleichen Grischuk und Aronjan. Beide mit bislang durchaus schönen Partien ... ein Sieg für einen der beiden könnte den Anschluss an die Spitze bedeuten.

So, der nach zwei Unentschieden an Sicherheit gewinnt, trifft auf Kramnik.

Ding, nach 4 Unentschieden punktgleich mit Grischuk und Aronjan, spielt gegen Mamedyarov der nun mit Kramnik gleichauf hinter Caruana liegt.

Und Caruana trifft auf Karjakin. Die beiden hatten ja vor 2 Jahren am letzten Tag um den Turniersieg gespielt. Caruana (damals schwarz) brauchte einen Sieg oder ein Unentschieden (wenn Anand gegen Svidler gewänne, was nicht geschehen ist). Er spielte offensiv, doch Karjakin nutzte die Schwäche in Caruanas Stellung aus und zog siegreich in den WM-Kampf mit Carlssen ein. Nach bislang 2 Niederlagen und 2 Unentschieden läufts dieses Mal aber nicht gut für Karjakin.
 

desl

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Königsindisch ... Katalanisch ... das sah alles mehr oder weniger ähnlich aus, was gestern gespielt wurde. Führte auch alles zum Remis, aber auf recht unterschiedliche Weise.

Caruana-Karjakin war schnell vorbei. Bei den ersten vier Zügen wählten die beiden übrigens die selbe Eröffnung, wie bei ihrem Remis im Kandidatenturnier 2016.
die Leichtfiguren verschwanden schon bald vom Tisch und nachdem auch die Türme das Feld verließen folgten sogleich die Damen. Mit symmetischer Bauernstruktur und unterschiedlich farbigen Läufern war da nix mehr zu holen.

Ding gegen Mamedyarov dauert da schon etwas länger. Auch hier wurde katalanisch gespielt. Beide guckten ähnlich lange aufs Brett. Etwas spektakulär sah es aus, als Mamedyarov mit Läufer und Dame auf a3 vorpreschte, aber die Stellung entschärfte sich bald und führte zum Abtausch weiterer Leichfiguren. Nachdem sich die Bauernstruktur in der Mitte öffnete und noch zwei Türme abgetauscht wurden passierte nicht mehr viel. Keiner der beiden schien eine Idee zu haben, wie er noch in die gegnerische Stellung eindringen kann, ohne die eigene Verteidigung entschieden zu schwächen. Schade eigentlich, ich glaube da wär für beide noch was möglich gewesen und ich glaub so manch Spieler hätte da noch weiter gemacht ... z.B. ein Magnus Carlsen oder auch ein Kramnik gemessen an dem, was er so bei diesem Turnier zeigt.

Apropos Kramnik, jener spielte mit Wesley So die längste Partie des Tages, die sich aus einem abgelehnten Damengambit entwickelte (verbesserte Tarrasch-Verteidigung). So schaute eine Weile mit seiner Dame auf dem Königsflügel vorbei, was aber nicht viel einbrachte. Die Dame ging zurück auf h2 und wirkte da relativ deplatziert. Nach 21. d5 kam es zum Tausch der Bauern und der Türme auf der e-Linie. Sos Dame fand wieder mehr Platz in der Mitte und wenig später wurden weitere Leichtfiguren und auch die Türme auf der c-Linie abgetauscht. Mit weniger Figuren auf dem Brett sah der isolierte Freibauer von So auf der d-Linie nicht mehr schlecht aus, aber er konnte diesen nicht halten. Alles sah sehr ausgeglichen und nach Remis aus, aber Kramnik wollte noch weiterspielen. Beide manövierten ihre Damen über das Feld, um den Gegner jeweils Schach zu geben und die verbleibenden Bauern auf dem Damenflügel zu beseitigen. Danach ging dann nichts mehr.

Einen Sieg verpasst hat Levon Aronjan gegen Alexander Grischuk. Nach gut 18 Zügen wirkte Aronjans Stellung sehr stabil ... während die von Grischuk auf der schwarzen Seite eher so aussah, als würde sie ihm gleich um die Ohren fliegen. Aronjans Turm drohte auf der g-Linie, Grischuks Springer hatten wenig Platz, auf dem Damenflügel hatte Aronjan mehr Möglichkeiten und nachdem seine Bauern vorgesprescht waren, sah es für Aronjan deutlich besser aus, während Grischuk auch so langsam nicht mehr viel Zeit auf der Uhr hatte.
Aronjan holte sich dann auch Materialvorteil (Turm für Springer) und war auf der Siegerstraße. Warum er dann aber 24. Td1 spielte statt der langen Rochade weiß ich nicht. Vielleicht sorgte er sich darum, dass die schwarze Dame den König irgendwie hätte angreifen können ... aber hätte Grischuk das versucht, dann wäre er ohne die Dame in der Nähe des eigenen Königs sehr bald matt gewesen.
Nach Td1 steckte der weiße König fest, Grischuk spielte Sg5 und drohte mit Sf3, wodurch die beiden Läufer Aronjans an ihrer Stelle erstmal gebunden waren (der weiße Läufer hätte sonst über b5 mit eingegriffen). Die Stellung war damit ausgeglichen
Aronjan blieb bei seinem Plan, wandelte den c-Bauern um, damit der schwarze Läufer Platz macht, um dann mit seiner Dame anzugreifen.
Doch als Grischuk mit 27. ... Kg8 auswich, stand Aronjan plötzlich wieder auf Gewinn. Doch statt den Läufer auf c8 zu nehmen, spielte Aronjan Qd8+ ... vielleicht nahm er an, dass Grischuk nach h7 ausweicht und er dann den störenden Springer auf g5 kassieren kann. Doch Grischuk antwortete mit Qf8. Aronjan konnte den Springer nicht nehmen (ohne seinen Turm zu verlieren). Hätte Aronjan den Läufer geschlagen, dann hätte er klaren Materialvorteil gehabt, gepaart mit der deutlich besseren Stellung. Aber dazu kam es nicht ... die Damen, der verbliebene schwarze und einer der weißen Türme verschwanden vom Feld und damit war die Sache gegessen.

Schade für Aronjan ... mit zwei Siegen in Folge hätte er die Niederlage gegen Kramnik quasi vergessen machen können und hätte zur Spitze aufgeschlossen


Runde 6

Caruana trifft auf Grischuk. Letzterer spielt zwar schön, ist aber in diesem Turnier auch schon hier und da unter Druck geraten ... und manchmal wird seine Zeit auch knapp ... was aber bei Caruana zuweilen auch der Fall ist.

Aronjan spielt heute gegen So. Keine Ahnung, ob Aronjan sich noch in den Hintern beißt wegen des verpassten Sieges gestern. So spielt meiner Ansicht nach dieses Turnier eher zurückhaltend ... vielleicht wegen dem weniger erfolgreichen Start.

Ding trifft auf Karjakin. Für Karjakin wird das schnelle Remis gestern nach dem für ihn bislang enttäuschendem Turnier fast schon ne Erholung gewesen sein. Dings Partien dieses Turnier sind - verglichen mit manch anderen - eher unspektakulär ... er zeigt, finde ich, etwas weniger Initiative.

Top-Partie des Tages wird, denke ich, Kramnik gegen Mamedyarov sein. Allzu glücklich wirkten beide mit ihren Remis gestern nicht. Für beide geht es darum den Anschluss an Caruana zu halten
 

timberwolves

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Seit Jahren möchte ich schon Aronjan gegen Carlsen sehen, aber leider flattern dem in wichtigen Momenten zu häufig die Nerven. Mamedyarov find ich überraschend gut, aber ich hab die letzten 1,5 Jahre auch kaum verfolgt. Caruana ist der solideste Allrounder von allen und auch wenn mir sein Spielstil weniger gibt als der von Aronjan oder auch Grischuk, aber Carlsen ist halt wenn es drauf ankommt eine absolute Maschine und die besiegt man wahrscheinlich weniger mit romantischem Feingeistschach, als mit 'supersolidem', konstanten Spiel. Wenn ich mich recht erinnere, hat Caruana ja auch ne ganze gute Bilanz gegen Carlsen. Jetzt etwas unabhängig vom Turnier, aber Ding Liren wird ne große Zukunft haben, der hat von den jüngeren meiner nach das größte Potential.
 
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Nico1

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@desl: sehr coole Analysen! Ich komme dieses Mal kaum zum live Schauen, freue mich dann aber über die Berichte und spiele ein bisschen nach.
 

desl

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Tag 6, Freitag

Unspektakuläre Partie zwischen Ding und Karjakin. Nachdem Karjakin den b2-Bauern nam, war seine Dame so gestellt, dass sie nur zwischen b2 und a2 hin und her springen konnte, wenn schwarz keinen großen Nachteil kassieren wollte. Liren hätte noch die Möglichkeit gehabt die Situation zu entschärfen (z.B. Qd3 und danach zweiten Turm auf b1 holen), doch Liren entschied sich weiter der schwarzen Dame mit seinem linken Turm zu drohen und so kam es alsbald zum Remis durch Zugwiederholung. Ding bleibt damit bei den Remis-Ergebnissen und Karjakin bleibt am Tabellen-Ende.

Caruana und Grischuk spielten Benoni und Caruanas Stellung sah durchaus ordentlich aus. Nachdem dann aber manch Figuren vom Feld verschwanden, sah es auf dem Brett etwas chaotisch aus und schwarz hatte einen Freibauern auf der c-Linie. Caruana hatte nurnoch eine Minute auf der Uhr und die Zeitkontrolle war zu weit weg. Er "flüchtete" sich in das Remis durch Zugwiederholung anstatt etwaige Risiken zu gehen, die Stellung in der Kürze der Zeit falsch zu berechnen.

Ein Remis durch Zugwiederholung lag auch bei Mamedyarov-Kramnik in der Luft. Doch Kramnik nahm das Angebot von Mamedyarov nicht an und spielte 28...h5 ... was der Partie dann ganz schön Schwung gab.
Bei Zug 34 spielte Kramnik dann Tdc8, anstatt den gegnerischen Turm zu nehmen (oder Springer auf c4, was auch zu einem Tausch der Türme geführt hätte). So konnte Mamedyarov dann die Türme in der schwarzen Hälfte abtauschen und hatte danach die Gelegenheit den Bauern auf der h-Linie zu nehmen.
Mamedyarov blieb auf der Siegerstraße, wandelte später seinen g-Bauern um und kurz darauf drohte Kramnik nochmal mit Matt ... doch Mamedyarov sah die Falle, wehrte mit Tg2 ab und Kramnik sah seine Niederlage ein.
Nach starkem Turnierstart wollte Kramnik hier vielleicht zuviel. Wieder ein Patzer, wieder eine Niederlage. Caruana und Mamedyarov sind damit wieder punktgleich ... so wie bei ihrer Partie gegeneinander, bevor beider gegen Kramnik spielten.

Die unterhaltsamste Partie war wohl So gegen Aronjan. So entwickelte in der spanischen Partie nach und nach eine etwas bessere Stellung. Nach 38 Te6 war die schwarze Dame in arger Bedrängnis. Df7 oder Dh4 von Aronjan hätten womöglich den Nachteil einer Leichtfigur bedeutet. Aronjan zog seine Dame auf g5, was zum Tausch der Dame gegen den angreifenden weißen Turm und einen Springer führte. De4 von So folgte und Aronjan konnte eine weitere Leichtfigur nicht verteidigen.
So hatte nun klaren Materialvorteil gegen den Aronjan noch eine ganze Weile versuchte an zu kämpfen ... aber den Sieg ließ sich So nicht mehr nehmen.
Nach dem verpatzten Sieg gegen Grischuk am Vortag ein weiterer Dämpfer für Aronjan.
In Runde 5 hatte er noch den Anschluss zur Spitze vor sich liegen ... wenig später zieht ihm diese wieder davon.
 
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