Stimme da bei Shala zu in Sachen Boxtalent. Seine Schwäche ist vielleicht nur etwas die Schlagkraft und die Explosivität/Technik dahinter.
Dem stimme ich zu.
Ich traue Shala jedoch durchaus zu, dass er sich bezüglich seiner Finisherqualität (die ja eng verbunden mit Erfahrung und Ringintelligenz ist. Welchen Schlag lässt Shala z.B. nach seinem bereits sehr, sehr guten Doppeljab folgen) und Schlaghärte noch verbessern kann. Wie siehst du das,
@timeout4u?
Shala hat bis letzten Sommer 2021 nicht mal ansatzweise die Bedingungen, die Kadiru hatte, um sich weiter als Boxer zu verbessern. Und auch als Amateur hatte ich den Eindruck, dass der DBV Kadiru bevorzugte, was zu einem eventuell daran lag, dass der bayerische Boxverband auf nationaler Ebene imho traditionell nicht die beste Lobby und Beziehungen hat und zum anderen dass, ist wohlgemerkt nur mein persönlicher Eindruck, man dachte, dass der so gut vermarktbar strahlende, mit einem optisch den Schönheitsidealen sehr entsprechenden Köper ausgestattete Kadiru besser zum damaligen Zeitgeist passte und besser als gutes Vorzeigbeispiel einer gelungenen Immigration als der pummelige Kosovo-Bayer Shala erschien.
Darüber habe ich u.a. hier mal etwas geschrieben. Noch dazu hatte er als Kosovo-Albaner Passprobleme, die verhinderten, dass er bei vielen internationalen Amateurwettkämpfen nicht teilnehme konnte.
Sommer 2021 hat er bei Agon unterschrieben und ungefähr um den selben Zeitpunkt die Bedingungen, sich mit fast zu 100% auf seine Profiboxkarriere zu konzentrieren. Vorher musste nebenbei arbeiten. (Fairerweise solle man auch erwähnen, dass auch Mulowayi neben seiner Boxkarriere eine Arbeit als Logistikoordinator am Hafen Antwerpens ausübt (ausüben muss). Seite 2021 bekommt er Subventionen der Stadt Antwerpen, die reichen jedoch gerade mal für seine Sportkleidung.)
Agon war schlau genug, dass Shala weiter mit seinem gewohnten Umfeld (Fight Power Academy, Agron und Lars) trainieren darf. Auch dass Agron die unmittelbare Kampfvorbereitung und die Betreuung während des Kampfes übernehmen darf, halte ich für gut. Ich hätte ein schlechteres Gefühl, wenn Shala auch noch von Aldama betreut und trainiert werden würde.
Zum Abnehmen hatte er 2021 und zum Teil 2022 täglich ein Kaloriendefizit von 500 bis 800kcal. Dass man da nicht zielgerichtet auf Power und Schlaghärte trainieren kann, versteht sich auch.
Auch ist ihm und seinem Team bewusst, dass er an der KO-Fähigkeit arbeiten, um die Transition vom Amateurboxer hin Profiboxer erfolgreich zu gestalten:
Shalas Handspeed und vor allem sein Doppel-Jab sind imho schon wirklich spitze. Und der Doppel-Jab Shalas hat mit verglichen mit von anderen Boxern geschlagenen, auf Schnelligkeit fokussierte Doppel-Jabs überdurchschnittlich viel Wumms. Jedoch ist der auf Schnelligkeit fokussierte Doppel-Jab im seltensten Fall ein Knock-Down-Schlag. Wo er sich imho noch verbessern müsste, und daran arbeitet das Team Shala bestimmt, ist, was er nach dem Doppel-Jab (oder anderen Schlägen und maximal zwei Schlagkombinationen) folgen lässt. Beim letzten Kampf gegen Garcia ist er meistens noch nach seinen linken Haken und Doppel-Jabs wieder aus der Schlagreichweite Garcias rausgegangen und hat keine weiteren Schläge folgen lassen. Vielleicht weil er nicht zu viel riskieren und nicht das Schicksal Kadirus, der kurz vorher durch KO verlor, teilen wollte.
Was ich jedoch neben der beachtlichen Qualität Mulowayis kritisch für Shala sehe:
-Garcia hat Shala mehrmals mit einfachen Aufwand treffen können. Das hatte ich so nicht erwartet. Da haben die Reflexe und das Distanzgefühl Granits nicht gepasst.
- Shala hat bisher im Profiboxen mit der Ausnahme des 41 jährigen D'Adamo immer Boxer mit Reichweitennachteilen geboxt und den Kampf so mit seiner Führhand bestimmen können. Sehr viele Gegner Shalas waren deutlich kleiner als er. Gegen Mulowayi wird das nicht so sein. Ich gehe davon aus, dass Mulowayi Reichweitenvorteile haben wird. Vielleicht wäre es für Agon und Shala besser gewesen, erstmal gegen einen schlechteren (jedoch besseren als D'Adamo) Boxer zu boxen, gegen den Shala nicht mehr den Kampf mit seinen Jab und Reichweitenvorteilen bestimmen kann, um sich an derartige Gegnerparameter zu gewöhnen.
Was für Shala sprechen könnte, neben meiner Überzeugung, dass Mulowayi nicht mehr so gut ist, wie bei Mulowayis Kämpfen gegen Sanchez und Davtaev:
-Mulowayi wurde bis 2021 von Nasser Chahrour in der Wettkampfzeit betreut. Ihn kennt man aus dem ECB-Gym. Ceylan hatte ja Mulowayi eine zeitlang co-promotet; u.a. im Kampf gegen Sanchez. Da war Ceylan auch im Ring. Später, als Mulowayi wieder nur von Tarik Saadi, wie vorher auch schon, promotet wurde, durfte Charour Mulowayi weiterhin in der Wettkampfzeit betreuen. Ich habe eine gute bis sehr gute Meinung von Charour.
2021 wechselte (bzw. musste den Trainer wechseln) Mulowayi den Trainer und ging zu Ivan Filipovic, den man u.a. als Trainer von Alen Babic und Agron Smakici kennt.
Ganz rechts auf den Bild ist Filipovic, falls ihn jemand nicht kennt.
Ich bin nicht so wirklich von Filipovic als Trainer überzeugt und habe etwas das Gefühl, dass Mulowayi von Charour, zum dem Mulowayi weiterhin ein gutes Verhältnis hat (Sie haben sich nicht zerstritten. So einfach war es jedoch für alle damals in Grozny gewesenen Personen aus dem Team Mulowayi angesichts der ernst zu nehmenden Drohungen aus dem tschetschenischen Milieu leider auch nicht gewesen. Das kann eventuell auch alles eine Rolle gespielt haben) besser betreut wurde.
Das könnte ein Vorteil für Shala sein.
Fazit: Der Kampf ist ziemlich offen und ziemlich nahe an einem wirklichen 50/50-Kampf. Daher eine sehr gute Ansetzung, die Spannung verspricht und auf die ich mich freue. Und egal, wer letztendlich gewinnen wird, ich habe Sympathien für beide und würde mich für jeden der beiden freuen. Ich hoffe nur, dass Punkt- und Ringrichter fair und objektiv sein werden. Das könnte mir den tollen Kampf versauen.