Ortiz und Jennings haben sich begegnet und Teper vs Helenius ist leider ausgefallen ... vorerst. Vielleicht kommt es ja noch dazu, wobei Teper erstmal fit werden muss und das kann noch ein paar Monate dauern.
Die Angaben in den Klammern sind die Entwicklung zu meiner Rangliste vom September.
http://sportforen.de/threads/die-top-10-im-schwergewicht.30707/page-109#post-50738060
1. Tyson Fury (+ 2)
Natürlich muss Fury nun an Platz 1 stehen. Er hat Klitschko entthront und diesen dabei mit seinen eigenen Waffen geschlagen.
Klitschko wird die Chance auf Wiedergutmachung bekommen ... aber ob er sie nutzen kann?
Fury wirkte so als hätte er sein A-Game abgerufen und seinen bestmöglichen Kampf gezeigt.
Bei Klitschko hatte man den Eindruck, dass er mehr drauf hat ... aber dies nicht abrufen konnte.
Aber im Grunde genommen ist das "Abrufen" der Möglichkeiten auch eine Qualität, wenn es darum geht etwas "drauf zu haben".
Es bleibt fraglich, ob Klitschko im Rückkampf eine bessere Leistung zeigen kann ... oder ob Fury ihn wieder weitestgehend neutralisiert.
Boxt Klitschko aggresiver, dann kann es wie Runde 12 laufen, als er nochmal punkten konnte. Aber es kann auch wie Runde 11 laufen, als Fury einige harte Treffer setzte.
Vielleicht hat Fury auf jede Aktion von Klitschko die passende Antwort. Denn letztlich boxt Klitschko recht vorhersehbar, was Fury eine gezielte Vorbereitung ermöglichte.
Andersrum war Klitschko zumeist mit dem überfordert, was Fury ihm bot ... er war unschlüssig und ratlos.
2. Wladimir Klitschko (- 1)
Zu einem großen Champion gehört es, dass man innerhalb eines Kampfes Anpassungen vornehmen kann. Dass man die Taktik ändert, oder die Kampfesführung und den Stil anpasst, um gut auszusehen, auch wenn es anfangs nicht so gut läuft.
Joe Calzaghe bleibt mir daher zuweilen als unterschätzt im Gedächtnis. Im Kampf mit Kessler hatte er später das Geschehen bestimmt, nachdem der Kampf anfangs noch ausgeglichener war.
Auch Klitschko hatte schon Kämpfe, die anfangs eher ausgeglichen waren und in denen er später auftrumpfte. Gegen Brock und im ersten Thompson-Kampf beispielsweise.
Gegen Fury war davon nichts zu sehen. Klitschko hatte keinen Plan und Banks konnte ihm nicht helfen.
Steward war der Trainer, zu dem Klitschko aufgesehen hat. Banks wirkt zuweilen so, als sei er lediglich der Wasserträger, der die Mitts hält und Klitschko helfen soll, das Steward-Training zu konservieren.
Leider hab ich nur die RTL-Version des Kampfes gesehen ... ob Banks in den Rundenpausen schlaue Anweisungen gegeben hat, weiß ich nicht. Wenn ja, dann kamen sie in Klitschkos Kopf nicht wirklich an ... der hat vielleicht eher auf seinen schimpfenden Bruder gehört.
Klitschko wirkte auf ganzer Linie so, als wäre er keineswegs gezielt auf Fury eingestellt gewesen. Er boxte gegen Fury so, wie gegen jeden anderen Gegner. Doch Fury bot ihm andere Aufgaben. Fury bot keine schwache Beinarbeit, keine mittlere Distanz, keine großen Lücken. Fury bot Klitschko das, was dieser eigentlich seinen Gegnern präsentiert. Kontrollierte Distanz, verhindern des Infights ... wobei Klitschko da selbst kein Interesse dran hatte.
Alles andere wie Finten, Auslagenwechsel, Mätzchen usw. ... das schien Klitschko weiterhin zu verunsichern.
Klitschko hat mehrere Monate Zeit sich das Video vom Kampf anzusehen ... aus diversen Blickwinkeln.
Er wird viel Zeit haben, um viele Gelegenheiten zu sehen, in denen er falsch agierte. Er wird viele Szenen im Kampf sehen könnten, in denen er besser einen Haken als eine Umarmung hätte anbringen können.
Bei Klitschkos Leistung besteht Steigerungsprotential. Ob er dies abrufen kann ... das bleibt fraglich. Womöglich hat Fury auch dann die passenden Antowrten. Im "mind game" hat er womöglich schon ein paar Breakbälle verwandelt.
3. Alexander Povetkin (- 1)
Gegen den langsamen Wach konnte Povetkin durchführen, was gegen Klitschko nicht gelang. Distanz verkürzen und abladen.
Wilder hat gegen Stiverne gezeigt, dass er einen Kampf aus der Distanz führen kann, ohne große Risiken einzugehen. Aber Stiverne hat offensiv auch nicht allzu viel zu bieten ... zumindest im Vergleich mit Povetkin.
Wie dem auch sei, Pove muss noch eine Weile auf seine WM-Chance warten, denn die Wilder-Seite möchte lieber noch ein paar freiwillige Titelverteidigungen boxen.
Aber vielleicht kommt es dieses Jahr wenigstens schonmal zu nem Purse Bid.
Vielleicht überzeugt Haymon die WBC auch noch, dass Wilder anschließend eine Titelvereinigung gegen den IBF-Champion boxen darf ... und der Sieger schenkt dann den WBC-Gürtel her.
Naja ... wer weiß. Wilder hat kürzlich geäußert, dass sein Titel mehr wert wäre, als die von Fury.
4. Deontay Wilder (+ 2)
Naja ... man kann Wilder immerhin zu gute halten, dass er gegen Duhaupas besser ausgesehen hat als Erkan Teper (abgesehen von Wilders geschwollenem Gesicht). Nichtsdestotrotz erwartet man von einem Weltmeister aber dennoch irgendwie, dass er sich stärkeren Gegnern stellt.
Der nächste ist Artur Szpilka ... weil z.B. ein Tomasz Adamek der Offerte gegen Wilder zu boxen abgesagt hat.
Es ist schon traurig, dass Adamek mit dem Sieg über Saleta ins WBC-Ranking zurück kam ... trauriger ist noch, dass er den WM-Kampf angeboten bekam.
Szpilka boxt aggresiv ... aber seine Defensive ist eher nachlässig bis mies.
Das mag genügen, wenn man sich mit anderen Hooligans kloppt, aber gegen Wilder kann das problematisch werden.
Vielleicht wirds ein nicht allzu langer brawl ... wer weiß.
Wilder steigt bei mir 2 Plätze, weil die anderen beiden (die er überholt hat) noch weniger geglänzt haben.
5. Kubrat Pulev (- 1)
Nachdem es eine Weile still war um Pulev, ist er nun wieder etwas aktiver.
Gegen Arias kam von Pulev ein sehr durchwachsener Auftritt.
Gegen Harris durfte er ein Weile das Kommando übernehmen, bis Harris sich so lange auf das Verteitigen des Koppes konzentrierte, dass Pulev genug Platz für einen schönen Bodyshot-KO hatte ... ein Schlag, von dem Klitschko heutzutage nurnoch träumt.
Wie auch immer, Pulev erweckte auf mich nun nicht den Eindruck, als hätte er seinen Stil geändert oder als wäre die Wegner'sche Doppeldeckung über ihn drübergebügelt worden.
Ich habe also so meine Zweifel, ob er irgendwann defensiv mal mehr präsentieren kann, als im Kampf mit Klitschko.
Wenn man sich die Ranglisten der Weltverbände anschaut, dann müsste es Sauerlands Ziel sein, Stiverne für Pulev in den Ring zu bekommen.
6. Vyacheslav Glazkov (- 1)
Kathy Duva ist schon manchmal gerissen. Einst hatte sie den WBC dazu gebracht, dass Kovalev als Sieger gegen Pascal zum Pflichtherausforderer von Stevenson wurde. Dabei machte sie die Rechnung ohne die Gegenseite, die jene Sache forcierte und auf einen baldigeb purse bid drängte ... während Kovalev sich erstmal noch um seine IBF-Pflichtverteidigung kümmern musste.
Die IBF im übrigen hat Klitschko meistens so im 2-Jahres-Rythmus gebeten, dass er seinen Pflichtverteidigungen nachkommt.
Kaum verliert Klitschko seine Titel, da spielt Duva die Trumpfkarte "Rückkampfklausel" aus. Fury muss gewissermaßen nochmal gegen Klitschko antreten und hat damit keine Zeit für seine Pflichtverteidigung gegen Glazkov. Dass auch gewisse IBF-Regeln existieren mögen, die dem Rückkampf mehr Bedeutung zumessen, interessiert im Box-Business kaum.
Gleichsam drängte Duva auf einen baldigen purse bid, weil sich beide Seiten nicht in Verhandlungen einigen können ... weil die Glazkov-Seite nicht an Verhandlungen interessiert ist. Auch dafür gibt es entsprechende Statuten in den IBF-Regeln.
Der IBF-Titel ist so plötzlich frei und der nächstbeste Mann im IBF-Ranking ist Charles Martin. Dessen Technik ist so mies, dass man beinahe sagen könnte, dass Glazkov der Titel auf dem Silbertablett präsentiert wird.
Fast alle anderen im IBF-Ranking halte ich für größere Aufgaben für Glazkov als eben Charles Martin.
Wie auch immer, noch hat Glazkov nicht gewonnen ... und gegen Scott und Rossy hat er schon gezeigt, dass bei ihm auch recht glanzlose Leistungen drin sind. Der Sieg gegen Cunningham (der Glazkov überhaupt erst seine jetzige Position einbrachte) war auch recht umstritten.
Wie plötzlich Glazkov und Martin gegeneinander boxen, zeigt doch, dass Duva und Haymon wohl gut miteinander können ... wenn nicht gerade HBO noch mit im Spiel ist (wie bei Kovalev). Denn nach Glazkov-Cunningham hat man bei HBO nicht mehr so viel Interesse an Glazkov.
7. Luis Ortiz (neu)
Das waren ein paar hübsche Aufwärtshaken, die Ortiz da gegen Jennings präsentiert hat ... die haben viel besser gesessen, als die Aufwärtshaken die Klitschko bei Jennings unterbringen wollte.
Mit diesem Erfolg kommt Ortiz bei mir in die Top10 ... mehr oder weniger unter Vorbehalt, wer weiß, was die Doping-Probe ergibt.
Eventuell kriegt Ortiz nächstes Jahr die Chance gegen den Chagaev-Browne-Gewinner zu boxen. Mal schauen....
Mit HBO im Boot sind auch sonst die Chancen auf ordentliche Gegner vorhanden.
8. Anthony Joshua (+ 1)
Das Muskelpaket ist weiter auf der Siegerstraße. Waren seine olympischen Siege gegen Savon, Dychko und Camarelle noch umstritten, so läuft als Profi bisher alles nach Plan, möchte man meinen.
Nächste Station? Ich würde mal auf Chisora tippen. Der hatte zwar eigentlich auf den EBU-Titel gezielt, aber wegen Tepers Verletzung müsste er dort erstmal etwas abwarten.
Denkbar also, dass Joshua und Chisora ausboxen, wer den Helenius-Teper-Sieger fordern darf. Wäre auch reizvoll, weil Teper ja schon mehrere Briten gelegt hat (Sprott, Rogan, Price).
9. Carlos Takam (- 2)
Profi-Boxen ist in Frankreich nicht gerade unheimlich populär. Verglichen mit UK und Deutschland sind die meisten Veranstaltungen doch etwas kleiner und spielen weniger Geld ein.
Den Promotern in Frankreich gelingt es eher selten große Namen nach Frankreich zu holen. Takams bekanntere Gegner in Frankreich waren ein alter Botha, ein alter Grant und ein Thompson der für etwas Geld gerne reist.
Und so tritt Takam derzeit auch etwas auf der Stelle und schwimmt im WBC-Ranking quasi mit. Ich weiß nicht, ob er hier nochmal von irgendwo her eine gute Chance auf einen guten Kampf bekommt.
10. Joseph Parker (neu)
Tja ... mit wem die Top10 auffüllen? Teper? Parker? Chagaev? Scott? Nicht so leicht zu sagen.
Ich entscheide mich mal für Parker, da er recht aktiv ist und durchaus Potential andeutet.
Leider steht er eher mit Gegnern im Ring, die es kaum möglich machen zu bemessen, wie Parker bei ernsthafter Gegenwehr reagieren wird.
Naja ... mal schauen, wie es weitergeht.
Wenn sich seine Gegnerschaft nicht steigert, könnte es auch sein, dass er bald wieder überholt wird.
Raus:
Bryant Jennings
Ab und an muss man mal ein Risiko eingehen, wenn man hoch hinaus will. Ortiz war in dem Sinne eine zu große Aufgabe für Jennings, aber dennoch freue ich mich, dass er den Kampf angenommen hat.
Raus aus dem Spiel ist er damit nicht ... aber er braucht halt neuen Anlauf.
Tony Thompson
Thompson lief gegen Scott beträchtlich Gefahr während des Kampfes einzuschlafen ... so lustlos war seine Darbietung. Im aufgeblähten Haymon-Stall wird es für ihn sicher noch ein paar Kämpfe geben. Mansour, Breazeale, Washington, Cunningham ... irgendeiner wird schon irgendwann mit Thompson im Ring stehen, der vermutlich auf seine alten Tage nurnoch etwas Cash machen will.
Für eine Chance gegen Wilder zu kämpfen hätte er gegen Scott mehr bieten müssen.
Nicht weit von den Top10 entfernt:
- Erkan Teper:
Angesichts von Helenius' mäßiger Darbietung gegen Rill stellt sich schon die Frage, ob da Teper eine gute Chance gegen einen bekannten Namen entgangen ist. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben heißt es. Wobei ... war Teper vielleicht gegen Price gedopt? Entsprechende Gerüchte gibt es ... aber was heißt das im Boxsport schon.
- Rusland Chagaev / Lucas Browne
Nachdem Oquendo verletzungsbedingt seinen Rückkampf gegen Chagaev in Kiel verpasst hat, soll es nun zum Duell zwischen Chagaev und Browne kommen. Der Sieger könnte in die Nähe der Top10 kommen ... oder womöglich in diese hinein gelangen
Sonstiges Blickfeld
- David Haye:
Na da isser ja wieder ... zumindest hat ers vor. Keine Überraschung, David Haye gibt ein Comeback. Ebenso wie diverse andere Schwergewichts-Typen fordert er verbal Fury mehr oder minder heraus. Nach den mehrmaligen Kampf-Absagen durch Haye lächelt Fury nur und gibt zu Protokoll, dass er eher seine Titel verschenken würde, als dass er Haye einen Kampf gibt.
Die Briten gehen momentan aber eher auf Joshua ab.
Wenn Haye also irgendwie nochmal an Fury rankommen will, dann muss er schauen, dass er ein finanziell lohnenswerter Gegner für Fury würde. Mark de Mori ist da nicht von großem Belang.
- Andy Ruiz jr
Dicker Andy ist immernoch dick. Immerhin, er soll im Januar doch mal wieder in den Ring steigen, nachdem er 2015 nicht sehr aktiv war. Vielleicht bleibt er ja unter 250lb
- Alexander Ustinov
Ustinov hat zwischen seinen beiden letzten Kämpfen über 110 US-Pfund abgespeckt. Nein ehrlich, ich glaube da hat jemand was bei BoxRec falsch eingetragen. Ustinovs Hoffnungen nach dem Wechsel von K2 zu Hrunov bessere Kämpfe zu bekommen, tragen bislang wenig Früchte. Airich zuletzt war der Ersatz des Ersatz-Gegners...
- Eddie Chambers
Nachdem Chambers letztes Jahr 5 Mal in britischen Hennessy-Ringen gegen Aufbaugegner boxte ist er dieses Jahr zu Al Haymon gegangen ... und machte genau einen Kampf. Läuft nicht wirklich oder? Haymon sammelt fleißig Schwergewichtler, aber manch einer wird irgendwo vergessen.
- Guillermo Jones
Sorry ... ich machs nicht wieder ... oder vielleicht doch? Ich nehms mir zumindest vor.
Nach 2 Mal beim Doping erwischt werden nimmt Jones den zweiten Anlauf, im Schwergewicht Fuß zu fassen. Natürlich will er wieder bei der WBA im Ranking auftauchen, die schon ein Statement abgegeben hat, wie lange Jones nicht positiv getestet werden darf, damit sie ihn wieder aufnehmen (würden).
In seinem Comeback-Kampf sah Jones aus wie ein nasser Sack ... ein 225lb schwerer Ex-Welter-Sack.
Mein Tipp für 2017: WBA Title Eliminator Shannon Briggs vs Guillermo Jones
- Bermane Stiverne:
Stiverne stand nach längerer Auszeit wieder im Ring. Auf einer der drei Veranstaltungen, an denen Don King Productions dieses Jahr beteiligt war, boxte er gegen Derrick Rossy. Er überzeugte dabei nicht und besuchte den Boden ... aber schlechter als Glazkov sah er dabei auch nicht unbedingt aus ... so könnte man es auch sehen. Trotzdem muss man von Stiverne nichts großes mehr erwarten.
- Maunel Charr:
Maunel ist wohl wieder zusammengeflickt und will wohl wieder trainieren. Vielleicht steht er ja bald wieder im Ring. Unterhaltsam isser ja schon irgendwie...
- Shannon Briggs:
Briggs hat ein Problem ... Klitschko ist nichtmehr Weltmeister. Kann er Fury genauso nerven wie Klitschko zuvor? Womöglich nicht ... Fury lässt Briggs vielleicht einfach links liegen und geht garnicht auf diesen ein.
Let's go champ? Briggs könnte bald gelangweilt sein.
- Werner Kreiskott
Kreiskott ... das ist derjenige, der lange Zeit nur gegen Gegner gewinnen konnte, die bei BoxRec nicht mehr als 0 Ranglisten-Punkte haben. 2012 hieß es dann "wer gegen Kreiskott verliert, der sollte ans aufhören denken" ... doch Danny Williams boxt immer noch (mehr oder weniger). Seitdem läuft es für Kreiskott. Mit seinem jüngsten Sieg hatt er es sogar in die Top100 von BoxRec geschafft. Glückwunsch!
Interim WBU Champion ist er ... vielleicht darf er ja den Haye-deMori-Sieger fordern.