Dorian Gray
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Ich bin sonst nicht der ganz große WTA-Fan, aber was die letzten 2-3 Tage angeht, macht der Damen-Wettbewerb in diesem Jahr deutlich mehr Spaß als der der Herren. Tolle Spiele, prima Niveau und großartige Spannungsbögen en masse. Das gibt es bei den Herren so zur Zeit nicht.
Ich muss zugeben, dass ich die WTA nur am Rande verfolge. Aber ich habe mir die letzten beiden Grand Slams mehr Damentennis angeschaut und kann nicht unterschreiben, dass das Niveau besonders gut ist. Williams - Bertens war beispielsweise vom Niveau her erschreckend, Lisicki und Strycova haben sich gestern in den beiden ersten beiden Sätzen mehr Geschenke verteilt, als ganz New York an Weihnachten. Dass Kerber bei 5:3 drei Doppelfehler serviert, passt da einfach ins Bild.
Die Grundkritik in Sachen Einstellung und Professionalität bleibt aber bestehen, wobei das nicht nur für Lisicki gilt. Kerber holt aus ihrem talent die Karriere raus, die eben drin ist. Aber Lisicki, Petko, Barthel und Görges müssten alle dauerhaft mindestens 10 Plätze höher stehen, als es der Fall ist - wenn man die Qualität und das Talent der Vorplatzoerten ansieht. Und das ist schade und macht schon manches mal sauer.
Möglicherweise kann ich das nicht beurteilen, aber von meiner weit entfernten Warte aus würde ich sagen, dass die deutschen Damen eher zu hoch als zu niedrig stehen und Rainmaker da zustimmen. Ich glaube nicht, dass die zuletzt regelmäßig eher schwachen Grand Slam-Ergebnisse nur Zufall sind. Bei Petkovic und Kerber finde ich es verwunderlich, dass beide so schwach aufschlagen und dennoch in den Top 20 stehen. Das spricht nicht gerade für eine Leistungsdichte im Damentennis. Ich verstehe aber grundsätzlich nicht, wieso es die besten der Welt nicht hinbekommen, diesen Schlag zumindest auf ein bestimmtes Level zu heben, da es der Schlag ist, den man selbst am meisten beeinflussen kann. Wobei es mit Murray im Herrentennis auch einen Topspieler gibt, dessen zweiter Aufschlag oft auch nur ein besserer Einwurf ist.
Vielleicht liegt der Hase doch bei fehlender Einstellung im Pfeffer oder eben bei fehlendem Talent. Schwer zu sagen. Lisicki hat sicherlich die besten Schläge und auch das größte Potential, aber ihr fehlt die Konstanz und die Beinarbeit einer Kerber. Keine der deutschen Spielerinnen hat ein relatives komplettes Paket und 3.Runde und Achtelfinale sind dann schon die wahrscheinlichsten Ergebnisse, auch wenn ein Durchmarsch in dem Damenfeld immer möglich ist.
Ich gucke da lieber 'Ballbasher' Anderson, der mittlerweile viel mehr als nur ein Servebot ist. Er bewegt sich gut für seine größe, spielt konstant und retourniert augezeichnet, auch wenn ihm die Variationen natürlich ein wenig fehlen. Aber dass er sich entwickelt hat, wurde schon in Wimbledon gegen Djokovic sichtbar. Die Stärke Andersons war auch das Problem für Thiem gestern, der wirklich ein tolles Match abgeliefert hat. Im zweiten Satz hat er 20 Winner und 6 Unforced Error geschlagen und verliert ihn trotzdem, weil er die Big Points nicht macht. Schade. Aber wenn Anderson Murray schlägt, bin ich zufrieden.
Thiems einhändige Rückhand ist eine Augenweide, er ist generell technisch stark und gut von der Grundlinie. Sein Aufschlag gefällt mir mit seiner dynamischen, schnörkellosen Bewegung sehr gut. Dass er ein Top-10 Spieler wird, steht für mich außer Frage. Schwächen sehe ich bei ihm beim Return, insbesondere dann, wenn er schnelle Bälle blocken muss. Er hat auch gestern zu wenig bei Andersons zweiten Aufschlag auf die Reihe bekommen.
Sein Slice ist ebenfalls nicht gut genug, um auf schnelleren Belägen zu verteidigen und auch seine größeren Schwünge sind schon eher auf Sandplatz ausgerichtet. Wobei er sein Rasenspiel schon verbessert hat. Allerdings gebe ich auch zu, dass Thiem-Fans, die mehr Spiele von ihm sehen, das noch besser beurteilen können als ich.
Nachtrag: Lisicki mit 32 Winner und 56 vermeidbaren Fehlern. Strycova mit 18 Winner und 50 vermeidbaren Fehler. Lisicki schlug 7 Asse und 9 Doppelfehler. Strycova schlug 0 Asse und 9 Doppelfehler. Das ist schon unterirdisch.
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