Interessantes Interview
Interview mit Vorstandsmitglied Ansgar Schwenken: "Wir wollen in vier bis fünf Jahren schuldenfrei sein"
Nachdem unser VfL in den vergangenen Jahren seine Schulden reduziert und sein finanzielles Fundament gestärkt hat, muss im kommenden Jahr in der 2. Liga wieder mehr finanzielles Risiko eingegangen werden, um den direkten Wiederaufstieg zu schaffen. vfl-bochum.de sprach mit unserem Vorstand Ansgar Schwenken über die vergangen Saison und den Ausblick auf die kommende Spielzeit.
Hallo Herr Schwenken, sportlich ist die Saison für unseren VfL ja leider nicht erfolgreich verlaufen. Nun würden wir uns gerne mit Ihnen über die wirtschaftliche Situation unseres Vereins unterhalten. Wie ist die soeben abgelaufene Saison unter diesem Gesichtspunkt zu bewerten?
Die Saison 2004/05 stellt sich für unseren Verein als wirtschaftlich ausgeglichen dar. Die Etatplanungen wurden im Grunde erfüllt. Zwar gab es auf einigen Gebieten, wie beispielsweise den Fernsehgeldern, geringere Einnahmen, jedoch mussten natürlich auch in geringerem Umfang Leistungsprämien an die Spieler gezahlt werden.
In der Presse wurde kolportiert, dass der Umsatz in dieser Saison kaum gesunken sei, und das, obgleich durch die schlechtere Platzierung weit weniger Fernsehgelder in die Kasse des VfL wanderten. Wie ist dies möglich?
Zum einen sind die Fernseheinnahmen im Vergleich zur letzten Saison nicht so stark gesunken, da die Gelder nicht nur auf Grund der Tabellenplatzierung der laufenden Spielzeit berechnet werden, sondern auch die Tabellenplätze der beiden davor liegenden Saisons mit einbezogen werden. In der vergangenen Saison war das dritte einzurechnende Jahr ein Zweitligajahr, das natürlich nicht so hoch bewertet wird. In dieser Saison konnten wir also von der guten Platzierung im vergangenen Jahr profitieren. Zum Anderen sind die Zuschauereinnahmen leicht gestiegen.
Auch im UEFA-Cup lief es für uns nicht zufrieden stellend. War der internationale Wettbewerb somit ein Zuschussgeschäft für den VfL? Inwieweit reißt das frühe Ausscheiden ein Loch in die Kasse, waren höhere Einnahmen eingeplant?
Der internationale Wettbewerb war für den VfL wirtschaftlich eine "schwarze Null". Wir hatten auf Grund der von der UEFA vorgeschriebenen Bestuhlung der Ostkurve zusätzliche Ausgaben zu tragen, konnten aber natürlich auch zusätzliche Einnahmen verbuchen. Somit war der UEFA-Cup kein Zuschussgeschäft. Im Etat hatten wir von vornherein nur die erste Runde eingeplant, es war vorgesehen, dass wir die Kosten für die Bestuhlung durch die Einnahmen kompensieren können, somit reißt das Ausscheiden auch kein Loch in die Kasse.
Der Zuschauerschnitt ging in dieser Saison (26.373) nur marginal im Vergleich zur letzten Saison (27.188) zurück. Wurden die Erwartungen insoweit erfüllt oder sogar übertroffen?
Wir hatten vor der Saison mit einem geringeren Schnitt gerechnet. Insbesondere auf Grund des sportlich nicht besonders guten Abschneidens ist der Zuschauerzuspruch sehr zufrieden stellend.
In wieweit beeinträchtigt der sportliche Abstieg das Ziel unseres Vereins, bald schuldenfrei zu sein?
Ursprünglich war das Ziel, bis zum Jahr 2007 weitgehend schuldenfrei zu sein. Durch ein Jahr in der zweiten Liga werden diese Planungen um gut zwei bis drei Jahre zurückgeworfen, wir halten aber weiterhin an unserem Konzept fest, dass wir auf solider Basis wirtschaften werden.
Obgleich die Schulden somit wieder etwas steigen werden, hat unser Verein die Lizenz sowohl für die erste wie auch für die zweite Liga völlig ohne Auflagen erhalten. Woraus resultiert dies?
Dies ist das Ergebnis unserer bisherigen wirtschaftlichen Politik, wodurch die finanzielle Basis in den vergangenen Jahren gestärkt wurde. Der Abstieg trifft in diesem Jahr auf ein wesentlich stabileres finanzielles Fundament, als dies bei den vergangenen Abstiegen der Fall war. Die DFL, die für den Lizenzierungsprozess zuständig ist, hat den Rückbau der Verbindlichkeiten, den wir in den vergangenen Jahren betrieben haben, gewürdigt und uns die Lizenz ohne Auflagen erteilt.
Wird der VfL seine Politik des Schuldenabbaus in der Zukunft weiterführen, oder werden Sie – wie einige Konkurrenten dies zum Teil praktizieren – bald auch risikoreiche Transfers durchführen?
Unser Verein wird auch in Zukunft den finanziellen Weg, der auf eine solide Basis baut, nicht verlassen. Natürlich gehen wir auch Risiken ein – ein Abstieg ist beispielsweise immer ein finanzielles Risiko –, aber wir gehen auch in Zukunft nur kalkulierbare Risiken ein.
In der Presse wird vermeldet, dass die DWS als Hauptsponsor in der kommenden Saison nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Können Sie dazu etwas sagen?
Derzeit laufen die Gespräche mit der DWS im Bezug auf die kommende Saison. Unser derzeitiger Hauptsponsor hat bereits seine positive Bereitschaft dahingehend signalisiert, dass er auch in der kommenden Saison als Hauptsponsor beim VfL engagiert sein möchte. Die Gespräche laufen sehr gut, und so bin ich sehr optimistisch, dass die DWS auch im kommenden Jahr unser Hauptsponsor sein wird.
Wie sieht es mit unseren anderen Partnern und Sponsoren aus, bleiben diese uns auch in der zweiten Liga treu?
Bei den Premium Partnern laufen alle Verträge bis auf der mit Faber auch in der kommenden Saison weiter, unabhängig von der Ligazugehörigkeit. Mit unserem Premium Partner Faber, dessen Vertrag zum Ende dieser Saison – ebenfalls unabhängig vom Ligaverbleib – auslief, befinden wir in sehr guten Gesprächen, die wohl bald zu einem positiven Abschluss gebracht werden können. Bei den Top Partnern stehen noch einige Gespräche aus, aber wir gehen davon aus, dass es keine größeren Veränderungen geben wird. Auch bei den Business Partnern laufen noch 80% der Verträge im kommenden Jahr weiter, so dass die Planungen bereits weitestgehend abgeschlossen sind.
In dieser Saison rechnete der VfL mit einem Umsatz von gut 28 Millionen Euro. Welche Zahl wird für die kommende erwartet?
Für die kommende Saison rechnen wir mit einem Umsatz von gut 14 Millionen Euro.
Wie wollen Sie die Mindereinnahmen kompensieren?
Die Summe von 14 Millionen lässt sich natürlich nicht mehr nur durch Einsparungen auf der Kostenseite stemmen. Natürlich werden wir – insbesondere im Bereich der Gehälter – deutlich sparen, aber es ist erforderlich, dass wir für unser Ziel "Wiederaufstieg" ins Risiko gehen und die Kredite etwas erhöhen. Diese Planungen sind aber bereits in den Lizenzierungsunterlagen enthalten und von der DFL abgesegnet.
Mit welchem Zuschauerschnitt und Dauerkartenverkauf rechnen Sie für die kommende Saison?
Wir rechnen für die kommende Saison mit etwa 14.000 Zuschauern im Schnitt. Wir hoffen natürlich, dass uns viele Fans ihr Vertrauen bereits zu Beginn der Saison schenken und eine Dauerkarte erwerben.
Werden in der zweiten Liga die Eintrittskartenpreise sowie die Preise für die Dauerkarte gesenkt?
Die Preise für die Eintrittskarten orientieren sich in der kommenden Saison an den derzeitigen Preisen für ein Spiel der günstigeren A-Kategorie. Die Dauerkarte wird in der kommenden Saison günstiger, sie kostet in der Summe nunmehr ein Spiel weniger.
In welcher Höhe planen Sie Ausgaben für Neuverpflichtungen und Einnahmen durch Spielerverkäufe ein?
Einnahmen planen wir nur im Rahmen der bestehenden Verträge ein, Ausgaben nur als eventuelle Reaktion auf etwaige Einnahmeüberschüsse.
Mit welchen Einbußen hat der VfL bezüglich der Fernsehgelder in der kommenden Saison zu rechnen?
In der zweiten Liga müssen wir damit rechnen, alleine durch Fernsehgelder eine Mindereinnahme von gut acht Millionen Euro zu verbuchen.
Im Sommer wurde die rewirpower-Lounge im Stadion-Center weiter ausgebaut. Rechnen Sie mit einer vergleichbaren Auslastung in der kommenden Saison? Wie lange laufen die Mietverträge mit den Gästen?
80% der Gäste, die zumeist auch Business Partner sind, haben Verträge, die auch im kommenden Jahr gelten. Somit erwarten wir eine positive Auslastung.
Kann man also abschließend sagen, dass die zweite Liga für unseren Verein ein Risiko darstellt, dass aber kalkulierbar ist und den VfL in seinem finanziellen Bestand nicht gefährdet?
Das kann man so sagen, da unsere Zahlen zudem durch die DFL abgesegnet wurden.
Herr Schwenken, vielen Dank für das Gespräch.
Vielen Dank.
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SCHULDENFREI - sowas kennt man im restlichen Ruhrgebiet nur aus dem Märchenbuch!