Meine Erfahrung zum Thema: bei meinem Fernstudium hatten wir Bachelor-Absolventen und Diplomer. (je nachdem wann man auf den Zug aufsprang)
Bei den Bachelorabsolventen zählte jede Note, was die Notenschnitte eher nach unten gezogen hat. Bei den Diplomern, die im Grundstudium teilweise grausam performten,
hagelte es im Hauptstudium dann (oh Wunder) plötzlich lauter 1,x Noten.
Das gabs bei uns nicht. Bei uns wurden, solange dann parallel studiert wurde, beide Studiengänge modularisiert gestaltet. Das heißt: jede Note zählte auch im Diplom zum Finalergebnis. Mit dem Unterschied halt, dass es im Diplom nach vier Semester mit Reset von Null losging (Vordiplom) und im Bachelor nach 6 (und dann eben ggf. Master).
@Pillendreher:
Noteninflation ist in den Geisteswissenschaften teilweise ein massives Problem, aber leider auch logisch nachvollziehbar. Bei 100 Leuten im Seminar hat der Dozent schnell mal 70 Hausarbeiten mit jeweils 20 Seiten zu lesen. Schlanke 1400 Seiten für jemanden, der im schlimmsten Fall gar nicht direkt bei der Uni beschäftigt ist, sondern als Honorardozent oder eben eigentlich hauptsächlich promoviert und die Lehrveranstaltung "on top" bekommen hat. Dann liest doch keiner alle HA wirklich. Das führt dann eben zu einem relativen Einheitsnotenbrei und auch zur Noteninflation. Denn nur mit guten Noten stellt man sicher, dass keine Nachfragen oder Beschwerden kommen.
Darüber hinaus gilt eben leider in vielen Fächern auch das Diktum der guten Note. Selbst Leute, die keine drei Sätze ohne Fehler produzieren können (wir reden hier über akademische Arbeiten und nicht über Beiträge in einem Internetforum) beschweren sich, wenn es ne 2.0 oder sogar noch schlechter gibt. Die 1,X gilt in manchen Fächern als Gewohnheitsrecht. Der Dreistigkeit der Studierenden sind da keine Grenzen gesetzt. Ich habe Freunde, die promovieren und nebenbei Seminare geben (müssen). Da droht ein Student schnell mit Klage, weil mein Kumpel ihm für ein Referat ein "mangelhaft" reingedrückt hat. Wie die Note zustande kam? Mein Kumpel sah es nicht als ausreichend an, einen SPON-Artikel plus Wikipedia-Artikel nachzuerzählen und auf die Quellenangabe zu verzichten. Das sind die Standards, die mit einer solchen Noteninflation gestützt werden.
Darüber hinaus ist das natürlich auch insofern problematisch, weil es dann für Arbeitgeber, aber gerade auch für eine akademische Laufbahn kaum möglich ist, von der Note auf die fachliche Qualität eines Bewerbers zu schließen. Außerdem ist es massiv ungerecht. Die Leute, die wirklich viel und gut arbeiten bekommen dann im Schnitt vielleicht einen Vorsprung von einer Drittelnote gegenüber den letzten Schlaffis, die sich ihre Arbeiten per Copy&Paste zusammenschustern.