The Last Duel
In dem neuen Film von Ridley Scott geht es um eine wahre Begebenheit, den letzten dokumentierten gerichtlich angeordneten Zweikampf auf Leben und Tod im Frankreich des 14. Jahrhunderts. Der Film beruht auf dem Buch von Eric Jager, das ich nur empfehlen kann, der diesen ganzen Fall beleuchtet hat, inkl. des Inhalts der Gerichtsakten und der langen Vorgeschichte zwischen beiden Männern.
Der Ritter Jean de Carrouges (Matt Damon) beschuldigt seinen langjährigen Rivalen (und ehemaligen Freund), den Knappen Jacques Le Gris (Adam Driver), mit dem er schon länger eine Fehde wegen Ländereien hat, seine Frau Marguerite (Jodie Comer) vergewaltigt zu haben als diese nur für wenige Stunden alleine zu Hause war. Da ihr gemeinsamer Lehnsherr (Ben Affleck) mit Le Gris befreundet ist und entscheidet, dass die Vergewaltigung von Marguerite nur "geträumt" wurde, wendet sich de Carrouges direkt an König Karl den VI von Frankreich. Da die Aussage einer Frau gegen die eines Mannes steht und es keine weiteren Zeugen gab, ist es quasi unmöglich Le Gris zu überführen. De Carrouges fordert daher ein Gottesurteil durch Zweikampf, da Gott natürlich das Schwert desjenigen führen wird, der die Wahrheit sagt. Gewinnt de Carrouges, so ist Le Gris der Vergewaltigung überführt. Gewinnt Le Gris, so wird Marguerite lebendig verbrannt, denn sie hat mit dem dann offensichtlich ungerechtfertigten Vorwurf der Vergewaltigung einen Meineid geleistet. Der Zweikampf findet Ende Dezember 1386 in Paris vor den Augen des Königs und tausenden Zuschauern statt, die sich alle diesen Monster-Event nicht entgehen lassen wollen.
Im Film wird die Story der drei Protagonisten und die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen den beiden Männern bis hin zur vermeintlichen Tat jeweils aus der Perspektive von Jean, Jacques und Marguerite gezeigt. Ein interessanter Ansatz, da gerade bei den Details der Unterschied zwischen der Selbst- und Fremdwahrnehmung unterstrichen wird.
Leider weicht der Film an einer ganz entscheidenden Stelle von dem Buch ab und erzeugt damit den Eindruck, dass die Vergewaltigung im Prinzip auf jeden Fall stattgefunden haben muss. In der Perspektive von Jacques Le Gris wird der Eindruck erweckt, er sei am Tatort gewesen, habe leidenschaftlichen Sex mit Marguerite gehabt, diese habe es eigentlich "auch gewollt" und Le Gris hätte die Tat wider besseren Wissens auf Initiative seines Lehnsherrn bestritten. Tatsächlich gibt es jedoch ausser der Aussage von Marguerite keinerlei Beweise dafür, dass Le Gris am Tatort war. Im Prozess ging es seinerzeit daher auch darum, ob es ihm überhaupt möglich gewesen sein konnte, in dem kleinen Zeitfenster, das ihm zur Verfügung stand, die Burg seines Rivalen zu erreichen und ungesehen wieder zu verschwinden. Die Zeitgenossen waren sehr gespalten und es wurde durchaus auch erwogen, ob de Carrouges den Vorwurf der Vergewaltigung seiner Frau durch Le Gris erfunden hat, bzw. dass es eigentlich einen ganz anderen Täter gab, da ihm der Gerichtskampf die Gelegenheit gab, einen langjährigen Rivalen, der politische Protektion hatte, ganz legal zu töten und so vllt. wieder an die umstrittenen Ländereien zu kommen. Der Film bezieht jedoch recht eindeutig Position dahingehend, dass Le Gris schuldig war. In Zeiten von Me Too kann man die Frage wohl nicht offen lassen.
Der Zweikampf selber war in der Realität auch wesentlich länger und noch dramatischer als im Film gezeigt. Ein kleines fehlendes Detail war, dass Le Gris in der Realität unmittelbar vor dem Zweikampf ebenfalls zum Ritter geschlagen wurde, damit es ein Kampf unter Gleichrangigen wird.