Vielleicht solltest du auch mal darauf eingehen was Ruiz falsch gemacht hat, z.B. vor allem dass er im Gegensatz zum Joshua-Kampf eine ruhige Kugel geschoben hat und kaum Risiko gegangen ist. Auf mich wirkte es auch nicht so dass er wirklich ausgepowert war, es wirkte eher so als habe mit angezogener Handbremse geboxt. Er hat auch seine Lehren aus dem Kampf gezogen, der mittlerweile ein Weilchen her ist. Und das Traininglager soll auch alles andere als optimal gewesen sein, sein damaliger Trainer Abel Sanchez hatte nur wenig Zeit für ihn und war noch nicht mal dabei in Neuseeland. Ein bischen mehr Objektivität hätte ich von jemanden wie dir schon erwartet!
Was für eine Objektivität? Meinungen sind immer subjektiv.
Zunächst einmal zu den Berichten:
Vor einem Kampf ist das immer gleiche - reichlich unglaubwürdige - Ritual von Boxern, zu erklären, dass die Vorbereitung/das Trainingslager so gut wie noch nie abgelaufen sei, dass man völlig neue Dinge trainiert habe, sich der Boxer so fit wie noch nie und auf einem neuen Leistungsniveau befinden würde, dass sowohl Gegner als auch Zuschauer überraschen würde. Nach einem Kampf, der mit einer Niederlage endete, kommen dann gegenteilige Aussagen, dass man eigentlich schon den Kampf absagen wollte, weil eine alte Verletzung der dritten Haarwurzel von rechts im oberen Teil des Steissbeins wieder aufgebrochen sei, man dies aber aus Verantwortungsgefühl nicht hätte tun können und außerdem die Nichte der Tante des Schwippschwagers an Keuchhusten erkrankt sei und der Hund der Freundin des Nachbarn Probleme mit dem Stuhlgang gehabt hätte.
Alles menschlich, alles typisch - alles Bullshit.
Was den Kampf an sich angeht, hat Ruiz Jr. genau so geboxt, wie er immer gegen einen größeren Gegner boxt, der sich auf seine Reichweite und den Jab verlässt. Er war wie immer eher plattfüßig unterwegs und hat aber den Kampf gemacht, zum Körper und Kopf variiert und ist dabei wegen seiner mäßigen Beinarbeit häufig zu kurz geblieben. Die Schwierigkeiten, die Parker im Infight hatte, glichen denen von Joshua nach dem ersten erhaltenen Niederschlag. Was Parker signifikant besser gemacht hat, war das Abklammern von Ruiz Jrs. dynamischen Aktionen am Mann. Was Parker in der frühen Phase des Kampfes ebenfalls schlecht gemacht hat, war das Adaptieren der Abstandsverringerungen durch Ruiz Jr.. Daher konnte Ruiz Jr. immer wieder einzelne Haken und gelegentliche Jabs landen. Parkers sichtlich besseres Kinn, hat ihm in der Phase das Überleben gesichert. Von angezogener Handbremse von Ruiz Jr. kann ich nichts erkennen. Business as Usual bei Ruiz Jr.. Ab Runde 6 sieht man, wie Ruiz Jr. deutlich seltener den Jab bringt und deutlich weniger offensive Aktionen hat. Zwar marschiert Ruiz Jr. immer noch, aber es wird zur ineffictive Aggression. Parker seinerseits schlägt nun sichtlich mehr (mit) und trifft auch häufiger. Ich kann hier nur zu dem Ergebnis kommen, dass Ruiz Jr. ab diesem Punkt seine Körner weitestgehend aufgebraucht hat. In den folgenden Runden gibt es erkennbare Erholungsphasen von Ruiz Jr. zwischen einzelnen ineffizienten Combos am Mann. Das ist der Punkt, an dem er über die zweite Kampfeshälfte den Kampf weggibt. Mit Trainingslager, abwesenden Abel Sanchez hat das nichts zu tun, sondern ist ein Grundproblem von Ruiz Jr..
Ruiz Jr. ist für seinen Stil zu schwer, weil das zur Plattfüßigkeit beiträgt. Um am Mann explodieren zu können, wenn der Gegner nicht den Kampf macht, muss man erst einmal die Distanz überbrücken ansonsten segeln die Haken am Kopf des zurückweichenden Gegners vorbei. Nichts kostet mehr Körner als Heumacher, die nur Luft treffen.