Geideck: Mich betreffen ja die sozialen Medien nicht, weil ich nicht in der ersten Reihe stehe und ich mich damit auch nicht beschäftige. Ich bewundere aber die Spieler total, die dem Druck und den teils unsachlichen Anfeindungen standhalten, der durch diese permanente Öffentlichkeit und die Erfindung der Fotohandys entstanden ist. Das ist schon extrem schwer und nötigt mir großen Respekt ab, erst recht bei jungen Spielern, die 18 oder 19 Jahre alt sind.
spox.com: Wie blicken Sie als 52-Jähriger denn auf die Verhaltensweisen der 18- und 19-Jährigen im Gladbacher Kader?
Geideck: Ich habe kürzlich ein Interview mit einem Schuldirektor aus Schleswig-Holstein gelesen, der einen pinkfarbenen Irokesenschnitt trug. Auf eine Frage zu den oft kritisierten Verhaltensweisen der heutigen Jugend zitierte er eine Textpassage. Sinngemäß hieß es da, dass die Jugend von heute nicht mehr nach den gewohnten Prinzipien lebt, dass bei ihr alles auf dem Ruder läuft und sie die Götter nicht mehr ehren würden. Dann hat er den Interviewer gefragt, was er denkt, aus welcher Zeit diese Passage stamme. Aus dem alten Griechenland, antwortete der. Doch er zitierte Keilschrift von den Sumerern, also im Prinzip die älteste schriftliche Überlieferung, die es überhaupt gibt. Auch damals hat man auf die Jugend geschimpft und ihr vorgehalten, man würde die Werte der älteren Generationen nicht mehr leben. Ich habe mich kaputtgelacht, weil ich das fantastisch fand und es ein tolles Beispiel war.
spox.com: Wofür?
Geideck: Für mich ist es vollkommen daneben zu behaupten, die Jugend von heute würde etwas falsch machen. Die ist heute halt so und es ist auch okay, dass sie so ist. Ich bin ganz weit davon entfernt, es zu verurteilen, dass sie beispielsweise ständig auf ihr Handy schauen. Die sollen und werden in der Gesamtheit alle ihren Weg finden. Ich möchte generell meine Urteile oder Denkweisen niemandem aufzwingen oder gar 18-Jährigen überstülpen. Die Zeiten ändern sich. In den 1970er Jahren hat man die Fußballer nichts trinken, sondern sie nur den Mund mit Wasser ausspülen lassen. Darüber lachen wir doch heute. Man muss sich halt nur auch bewusst sein, dass die Leute in 30 Jahren genauso über das lachen, was wir heute machen.