Saul David: Die größten Fehlschläge der Militärgeschichte
Tauchte irgendwo im Quellenapparat von Münklers "Imperien" auf. Der Titel klang interessant und ließ mich auf ein Buch zwischen wissenschaftlichem Anspruch und Trivialgeschichte hoffen.
Das wollte David laut Einleitung (
"einen Mittelweg zwischen respektlosen [...]Anekdoten populärwissenschaftlicher und den schwerfälligeren [...] Berichten wissenschaftlicher Historiker") auch erreichen.
Den Höhepunkt erreicht das Buch leider auch schon in der Einleitung:
Im Gegensatz zur weit verbreiteten Ansicht hat Italien kein Monopol , was die Unfähigkeit auf dem Schlachtfeld betrifft.
An dieser Stelle war ich sehr guter Dinge, zumal die Gliederung sinnhaft und unterhaltsam klang. David ordnet die Fehlschläge nach deren Ursache. Unfähige Kommandeure, katastrophale Pläne, Einmischung von Politikern, Übertriebenes Selbstvertrauen, Truppenversagen sind die Ursachen, die er identifiziert und für die er verschiedene Beispiele bringt.
Hier ist aber auch der Haken. Seine Zuordnungen sind nicht immer nachvollziehbar, zudem betrachtet er teilweise Scharmützel, deren Erwähnung als "größte Fehlschläge" wohl kaum sinnvoll ist.
Zudem muss ich gestehen, dass ich als Zivildienstleistender manchmal ins Schwimmen geraten bin, wenn David mit Begriffen wie Division, Brigade, Korps, Regiment um sich wirft. Dafür kann allerdings der Autor wenig.
Für mich ebenso wenig nachvollziehbar ist seine große Affinität zum sinnlosen (David nennt das "ehrenvollen" Offizierstod"). Gerade in der Reihe "unfähige Kommandeure" kommen bei David die Offiziere besser weg, die wenigstens den "Schneid hatten" unterzugehen, bevor sie sich gefangennehmen ließen.
Hier fehlt mir wieder auf, dass die Engländer zum Militär ein völlig anderes, weitgehend glorioses Verhältnis haben. Das habe ich während meiner Zeit dort kennengelernt (exemplarisch sicher das "imperial war museum") und lässt vieles aus deutscher Sicht ein wenig "anachronistisch" erscheinen.
Im Fazit überwiegen für mich die Nachteile der Sortierung der Fälle nach deren Ursache bei David. Dadurch ist er gezwungen einen Hauptgrund zu identifzieren, dessen Wahl sich nicht immer erschließt. Der Vorteil der klaren Strukturierung steht dahinter zurück. Pluspunkte gibt es für die Schilderung von mir weitgehend unbekannten Schlachten (Kolonialkriege, Schlachten jenseits der Marke 1900). Für jemanden mit stärker militärhistorischen Interesse lässt sich das Buch sicher noch besser lesen als für mich, der es vor allem als "good read" geplant hatte.
6,5 von 10
Aktuell in der Mache: Ben Kiernan: Erde und Blut. Dank an Who für den Tipp und gleichzeitig ein "Uff" für den bald 1000 Seiten Wälzer, der mir schon auf den ersten 150 Seiten gezeigt hat, dass ich in die Vorlesung politische Ideengeschichte wirklich nicht so oft verkatert hätte gehen sollen.