Ein Erklärungsversuch:
Abgesehen von hundertprozentigen Krasniqi Fans (deren Leidenschaft ich respektiere, aber darum geht es hier nicht) waren sich sicherlich auch 99% der Fernsehzuschauer sicher, dass Luan verdient gewonnen hat. Das ist iÜ nicht nur die Nebenwirkung des unsäglichen Kommentars von Ploog, dessen völlige Ignoranz, was Boxen angeht, inzwischen zweifelsfrei feststeht.
Das eigentliche Hauptproblem ist die Konditionierung des durchschnittlichen deutschen Boxsportzuschauers in den letzten Jahren (bzw. Jahrzehnten). Jetzt wo Maske zurückkommt wirklich der richtige Zeitpunkt für eine solche Bestandsaufnahme). M.E. hat sich in Deutschland eine gänzlich eigene Ansichtsweise darüber entwickelt, wie ein Boxkampf zu gewinnen ist, als Folge der Punktsieg-Weltmeister a la Maske und Ottke (nicht missverstehen, beide Weltklasseboxer auf ihre Weise ohne Frage) und als Folge der Art und Weise, wei der Sport in den letzten Jahren durch das TV präsentiert wurde. Wenig Treffer nehmen (stabile Deckung oder Beweglichkeit im zweiten Fall) und wenige, aber klare Treffer setzen. Dazu das Publikum, das die zwei-drei sauberen Jabs mit einem Raunen wie ein Hole-in-One beim Golf quittieren, mit der entsprechenden Wirkung auf die Punktrichter (und NEIN: nicht nur in Deutschland und Italien kann ein Ausländer keinen Punktsieg erreichen).
Deutsche Boxfans mit Interesse für die amerikanische Kampfszene informieren und informierten sich dagegen dort und gerade in englisch-sprachigen Fachmagazinen über ihren Sport. (Habe selbst 4 Jahre lang Boxing-Monthly abonniert und bekenne mich im Sinne der Anklage schuldig). Dabei übernahmen sie eben auch die anglo-amerikanische Perspektive. Für sie ist eine Runde, in der Krasniqi dreimal mit dem Jab trifft und Minto 80% der Zeit seinen Gegner an den Seilen stellt und dabei 15-20 Körpertrefer landet, einfach ein No-Brainer. Und so waren eben die meisten Runden.
Ist also nicht so, dass die pro-Minto-Fraktion dumm oder die pro-Luan-Fraktion blind ist. Ist einfach eine Folge der unterschiedlichen Konditionierung. Dennoch plädiere ich für die anglo-amerikanische Sichtweise, allein aus dem Grund, dass boxhistorisch hier der Schwerpunkt liegt (da ist Deutschland eben nur ein mittelgroßer Fleck auf der Landkarte).