Was soll bei Maradona so schwierig sein. Überführt wegen Doping, Kokain im Urin nachgewiesen, verurteilt wegen Besitz und Weitergabe von Drogen, Schüsse auf Journalisten und eine minderjährige geschwängert. Da gibt es rein gar nichts zu romantisieren. Eine Massenschlägerei auf dem Platz anzuzetteln
In der heutigen Zeit wäre Maradona , egal welch herausragender Kicker er war, in Europa lebenslang nicht mehr spielberechtigt gewesen.
Ich kann mich noch erinnern, was auf Henry nach seinem Handspiel gegen Irland eingeprasselt ist. Bei Maradona war es die Hand Gottes.
Sein sportlichen Fähigkeiten stehen für mich in keiner Weise zu Disposition.
Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, ist diese Sichtweise durchaus legitim. Aber - wir (also die Gesellschaft) huldigen doch permanent Leuten, die irgendwo nicht Mainstream sind. Ein Lahm z.B. - der eigentlich ein Spiegelbild der (deutschen) Gesellschaft darstellt - der wird nicht geliebt, ja im Grunde abgelehnt.. Wir wollen Götter sehen, die anders sind als wir.
Maradona ist im Grunde Rock'n Roll. Der erfüllt alle Klischees eines Rock'n Roll Stars. Und war nebenbei ein Genie in dem, was er hauptberuflich tat. Würde Messi so ein Leben führen - wäre er doch längst "der Beste aller Zeiten". Ich glaube einfach, das Auf und Ab was Maradona begleitet hat, ist das, was die Leute anzieht. Neben hat er - anders als Loddar - immer Verantwortung übernommen (auf dem Feld) und auch in den entscheidenden Spielen was entscheidendes gemacht (mal abgesehen vom Finale 90). Er wurde getreten wir kein Anderer zuvor (ich muss bei Neymar immer dran denken, wie der über den Platz rollen würde, wenn er das erleben würde, was Diego erlebt hat), der wurde in Spanien und Italien regelrecht gejagt und hat sich nicht unterkriegen lassen, im Gegenteil, man hatte den Eindruck, jedes Mal wenn er aufsteht, wird er noch besser - das lieben die Leute. Und so wurde er verehrt und behandelt wie ein Rockstar und hat dann auch so gelebt. Muss man alles nicht für gut finden aber erklärt vielleicht, warum er so eine Bedeutung hat.
Hab mir jetzt mal 2 Dokus über ihn angesehen und gewisse Dinge waren mir gar nicht (mehr) bewusst. Alleine das Dilemma 90, das HF in Neapel (!) gegen ITA - hatte ich echt vergessen. Die Nähe zur Camorra, die brutale Hatz der Paparazzi, sein mehr als zwielichter Berater - das Theater um sein uneheliches Kind (die Mutter durfte im Fernsehen allen Ernstes einen Lügendetektor Test machen und ein FBI Mann hat ausgewertet - kannst du dir alles nicht ausdenken) alles Dinge, die ich so nicht mehr auf dem Radar hatte. Dabei wollte er im Grunde nur Fußball spielen. Und das konnte er wie kein Zweiter.
Ich hab Pele nicht gesehen und bei Cruyff und Beckenbauer war ich noch ein kleines Kind. Die kann ich nicht recht bewerten - für mich war Maradona jedenfalls der mit abstand beste, geilste, größte Fußballer der letzten 40 Jahre. Und ich hab ihn immer "geliebt und gehasst" (sofern man das für einen Menschen, den man nicht kennt, tun kann). Ich hab ihn gefeiert für sein Jahrhundert Solo gegen England ich hab ihn (virtuell) ausgelacht, als er 90 von Buchwald kaltgestellt wurde und DEU den Titel holte. Ich hab ihn im Stadion bejubelt als er seine Aufwärm-Show in München absolvierte und hab ihn dann während des Spiels beschimpft, als er meinen geliebten FCB die Grenzen aufzeigte.
Ich hab ihn verdammt, als er Thomas Müller aus dem Interview Raum scheuchte und hab ihn wieder ausgelacht, als ihm jener Müller bei der WM zeigte, wer er ist. Und fand seinen Auftritt im Grünwalder Stadion, als Zigarre rauchend seine Mannschaft trainierte, einfach nur genial.
Genie und Wahnsinn - diese Floskel trifft bei ihm auf den Punkt. Einfach 100% Rock'n Roll. Und dafür hab ich ihn einfach gemocht.