Klar, im Normalfall gewinnt der beste Fahrer die Rundfahrt, ausser er hat Pech oder eine wirkliche Gurkenmannschaft. Sind es aber zwei vergleichbar starke Fahrer, so kann durchaus die Mannschaft das Zünglein an der Waage sein!
Bestes (relativ junges) Beispiel in meinen Augen: Giro d'Italia 2019. Roglic sah lange wie der sichere Sieger aus, hatte aber wirklich nur ein Gurkenteam um sich. In der Etappe nach Courmayeur war er am San Carlo relativ rasch isoliert, den Angriff von Carapaz konterte er nicht, da mit Landa noch ein vermeintlich stärkerer Movistar-Fahrer im Feld war... dazu mit Nibali, S. Yates oder MA Lopez auch noch weitere Fahrer, die nur darauf warteten, dass sie Roglic möglicherweise auskontern können.
Dazu hat sich Roglic in den ersten Etappen nicht nur Freunde unter den Favoriten gemacht, da er gerade in der Etappe nach Pinerolo in der Favoritengruppe die Mitarbeit mehr oder weniger verweigert hat, obwohl mit Lopez und Landa zwei Konkurrenten davor waren.
Kurz: Da Roglic kein Team mehr hatte, musste er Carapaz ziehen lassen, der hatte im Ziel in Courmayeur einen Vorsprung von fast zwei Minuten und übernahm die Führung im GK. Dabei hatte Roglic noch Glück, dass mit Caruso ein Helfer von Nibali "Erbarmen" hatte und einen Teil der Führungsarbeit übernommen hat... im kurzen Schlussanstieg nach Courmayeur hat dann Roglic die anderen Favoriten doch noch ziehen lassen müssen.
In der nächsten Etappe war es noch offensichtlicher: Roglic isoliert, Gruppe aber noch relativ gross (vielleicht 20 Mann oder so, evtl noch mehr), dann hat halt Roglic einen Defekt... doppeltes Pech, da der Mannschaftswagen von Jumbo nicht hinter der Gruppe war, da der sportliche Leiter mal pi**en musste. Er ist dann zwar knapp wieder in die Gruppe gekommen, war aber offensichtlich so nervös, dass es ihn in der Abfahrt nach Como auf die Schnauze gelegt hat und er 40 Sekunden verloren hat. Hätte er da einen Helfer gehabt, hätte der ihm sein Rad geben können, evtl wäre es anders gekommen.
Ich will damit keinesfalls schreiben, dass Roglic mit einer stärkeren Mannschaft den Giro gewonnen hätte, aber alleine gegen starke Teams wie Movistar (mit der Doppelspitze Landa/Carapaz) oder Bahrain (Nibali, Caruso, Pozzovivo) war es halt wahnsinnig schwierig für ihn... und dazu hat er wohl den Formhöhepunkt etwas zu früh, er hat im Lauf des Giros eher abgebaut, kann aber auch eine Kopfsache sein. Sicher nicht geholfen hat ihm auch seine Fehde mit Nibali.
Zurück zur Tour: Pogacar sieht momentan so extrem stark und überlegen aus, dass er sich eigentlich fast nur selber schlagen kann, sei es durch einen Sturz oder einen Hungerast oder eine völlige taktische Fehleinschätzung oder so. Ich glaube aber nicht daran.