"Cruising" - William Friedkins in der schwulen SM-Szene angesiedeltes Skandalwerk, das angeblich bereits vor seiner Uraufführung drastisch zusammengekürzt wurde, jener eine Film, über den sich Al Pacino auch heute noch weigert zu sprechen. "homophob", "diskriminierend" - was kann man nicht alles finden, gibt man den Titel in eine x-beliebige Suchmaschine ein.
gut möglich, dass "Cruising" im Kontext seines Entstehungsjahres (1980) zu sehen ist, aber heutzutage wirken die ach so kontroversen Szenen in den diversen SM-Gay-Clubs, den dunklen Ecken im Central Park usw. banal, bemüht und teilweise wie ein groteskes Männerballett in Lack und Leder.
der Serienkiller, der es auf Mitglieder dieser Szene abgesehen hat, mordet brutal, Friedkin geizt nicht mit blutigen, expliziten Darstellungen - alles vorher und danach besser gesehen. das Erzähltempo ist schleppend, der Spannungsbogen flach. man muss sich mehrmals vergegenwärtigen, dass tatsächlich Willilam Friedkin auf dem Regiestuhl saß, jener Friedkin, der mit "Der Exorzist" und "French Connection" zwei all-time Klassiker in seiner Vita stehen hat. und Al Pacino, auch damals schon eigentlich ein Meister seines Fachs, fügt sich perfekt ein ins allgemeine Mittelmaß. wer ihn hier mit "Scarface"-artigem Drive und Charisma zu agieren erwartet, wird eine herbe Enttäuschung erleben. der von ihm dargestellte Undercover-Cop wirkt nicht nur im Kontrast zum allgegenwärtigen schwarzen Leder blass.
unterm Strich bleibt ein Film, der weder als Thriller, noch als Exploitation noch als Milieustudie funktioniert. er will alles sein, ist ein kleines bisschen von allem, und doch, frei nach William Shakespeare "Viel Lärm um nichts". ein Stück filmische Belanglosigkeit, das ohne jenen Proteststurm zu Zeiten seiner Erstveröffentlichung längst vergessen wäre.
und Leute, die auch heute noch wegen "Homophobie" heulen, wenn sie den Filmtitel hören oder lesen, stehen in Reih und Glied mit jenen Deutschen, die sich darüber aufregen, dass ihre Landsleute in englischen Kriegsfilmen als böse Nazis dargestellt werden. über einen solch eklatanten Mangel an Selbstbewusstsein und Souveränität, derartiges schlicht und einfach zu ignorieren, kann ich nur den Kopf schütteln.
3/10